9§ 263. Offentliche Anleihe. Gläubigerversammlung. Treuhänder. 411
Gläubiger zu positiven Leistungen, insbesondre zu einer Nachzahlung auf ihre
Anleihescheine, verpflichtet (Sch Verschr Ges. 1 III).
2. Die Gläubigerversammlung kann einen Treuhänder bestellen. Ob
sie dies tut, hängt von ihrem freien Belieben ab; die Befugnisse des Treu-
händers werden von der Versammlung im Rahmen ihrer eignen Zuständigkeit
willkürlich bestimmt; nur zu einem Verzicht auf Rechte der Gläubiger kann der
Treuhänder nicht allgemein, sondern bloß von Fall zu Fall ermächtigt werden
(Sch Verschr Ges. 14).
3. Bei der Emission der Anleihe kann der Anleiheschuldner durch eine in jeden An-
leiheschein aufzunehmende Klausel eine gemeinsame Vertretung aller Teilgläubiger schaffen,
die den zu 1 und 2 entwickelten gesetzlichen Regeln nicht unterliegt; beispielsweise kann er
von vornherein ein bestimmtes Bankhaus als Treuhänder benennen und dessen Vertretungs-
macht mehr oder minder umfassend bestimmen (SchVerschr Ges. 16). Ein derartiger Treu-
händer kann von der Gläubigerversammlung nicht beliebig abgesetzt, seine Vertretungsmacht
nicht beliebig eingeschränkt werden. Dagegen kann er, wenn ein wichtiger Grund vorliegt,
auf Antrag von Gläubigern, deren Anleihescheine zusammen mindestens ½ aller im
Umlauf befindlicher Scheine der Anleihe erreichen, durch Gerichtsbeschluß abberufen werden
(Sch Verschr Ges. 16 1II).
VI. Sehr häufig werden die Forderungen aus den Anleihescheinen durch
eine Inhaberhypothek (s. oben S. 398) sichergestellt. Und zwar wird alsdann
für die ganze Anleihe eine einzige Hypothek bestellt, an der jeder Gläubiger
nach Verhältnis seiner Anteilscheine beteiligt ist (Rr Ordn. 51).
Der zu V genannte Treuhänder wird, wenn eine solche Hypothek vorhanden ist, selbst-
verständlich auch zur Verfügung über die Hypothek ermächtigt sein. Von dem oben S. 399
erwähnten Treuhänder ist er dadurch verschieden, daß dessen Vertretungsmacht gänzlich auf
die Hypothek beschränkt ist, während seine eigne Vertretungsmacht sich auch auf die perfön-
lichen Forderungen der Gläubiger erstreckt.
VII. 1. In mehreren Staaten ist landesgesetzlich bestimmt, daß bei den
Anleihen des Staats, der Gemeinden und sonstiger juristischer Personen des
öffentlichen Rechts die Umschreibung der auf den Inhaber lautenden Anleihe--
scheine auf den Namen des Gläubigers sowie die Rückverwandlung derart um-
geschriebener Scheine in Inhaberschuldverschreibungen nicht von einer freien
Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner abhängig sein soll, sondern,
wenn sie vom Gläubiger verlangt wird, vom Schuldner nicht verweigert
werden darf. Derartige Bestimmungen finden sich namentlich in Württemberg
sowie mit Ausnahme der Staatsanleihen auch in Preußen und Hessen
(EG. 101; AusfGes. Preuß. 18, Württ. 181, Hessen 68).
2. Forderungen, die aus einem auf den Inhaber gestellten Anleiheschein
entspringen, können für einen bestimmten Gläubiger nicht bloß dadurch fest-
gelegt werden, daß der Schein auf dessen Namen umgeschrieben, sondern auch
dadurch, daß die Forderung in einem von dem Anleiheschuldner geführten
Schuldbuch auf den Namen des Gläubigers eingetragen wird.
a) Diesem Zweck entspricht für die Scheine der Reichsanleihe das Reichs-
schuldbuch; jeder Inhaber eines solchen Scheins ist nämlich befugt, unter