428 Buch IV. Das Recht der Urkunden.
kann, auch wenn sie auf eine bestimmte Geldzahlung gerichtet ist und die
Blankoindossierung der Ausstellung auf dem Fuß folgt, daß sie jederzeit durch
Ausfüllung des Blankoindossaments in ein gewöhnliches Orderpapier zurück-
verwandelt werden kann usw.
Die Regel, daß der Aussteller einer in blanco indossierten Orderschuldverschreibung an
jeden Inhaber, also auch an einen unbefugten, mit befreiender Kraft leisten kann, ist in
den maßgebenden Gesetzen nur für den Fall ausdrücklich ausgesprochen, daß die Unbefugt-
heit des Inhabers ihren Grund in der Unechtheit des Blankoindossaments hat (Wechs Ordn.
36 Satz 5; H#GB. 365 1; Sches. 8 II). Sie wird aber doch wohl auch für andre Fälle An-
wendung finden müssen. Beispiel: ein von A. ausgestellter in blanco indossierter Wechsel wird
dem letzten rechtmäßigen Inhaber B. gestohlen, von dem Diebe C. dem A. zur Zahlung vor-
gelegt und von A. auch wirklich zu Händen des C. bezahlt:; hier wird man wohl allgemein
zugeben, daß A. durch diese Leistung an C. auch gegenüber B. befreit wird, falls A. in
gutem Glauben gezahlt hat 11; doch gehe ich noch weiter und nehme Befreiung des A. auch
in dem Fall an, daß ihm der Diebstahl bekannt gewesen ist (s. oben S. 3942).14
6) Zweiter Fall: die Urkunde schließt mit einem Namensindossament ab.
Hier hat dieselbe Rechtsstellung, die in dem ersten Fall jeder beliebige Inhaber
der Urkunde einnimmt, nur derjenige Inhaber, der zugleich in dem letzten In-
dossament als Indossatar benannt ist: gestützt auf Inhabung und Indossament
kann er die Forderung aus der Urkunde geltend machen, es sei denn, daß ihm
nachgewiesen wird, daß er zur Verfügung über die Urkunde nicht berechtigt ist;
und selbst wenn letzterer Beweis erbracht wird, kann der Aussteller trotzdem
aus freien Stücken mit befreiender Wirkung an ihn leisten. Dagegen kann
jeder andre Inhaber nur dann als Gläubiger auftreten, wenn er zu beweisen
vermag, daß er die Urkunde als Nachmann des letzten Indossatars nach den
allgemeinen Normen des Sachenrechts rechtmäßig erworben hat; und bewirkt
der Aussteller die Leistung an einen Inhaber, der diesen Beweis nicht erbringt,
so wird er nur befreit, wenn der Leistungsempfänger nachweislich mit Ein-
willigung des Gläubigers oder kraft Vertretungsmacht als sein Stellvertreter
gehandelt hat.
Beispiele. I. Ein von dem Kaufmann A. ausgestellter Orderschuldschein benennt als
letzten Indossatar den B.; doch ist das Indossament auf B. gesälscht. Hier muß A. an B. zahlen,
wenn dieser den Schein in gutem Glauben erworben hat (Wechs Ordn. 74; HGB. 365 1). Dagegen
ist er zur Zahlung nicht verpflichtet, wenn B. beim Besitzerwerbe schlechtgläubig war; wohl aber
ist er zur Zahlung an B. berechtigt, und zwar selbst dann, wenn er die Fälschung und den
schlechten Glauben des B. kennt (Wechs Ord. 36 Satz 5; HGB. 365 1). II. Ein von dem
Kaufmann C. ausgestellter Orderschuldschein benennt als letzten Indossatar den D.; bei
Verfall legt aber nicht D., sondern E. den Schein, den er dem D. entwendet hatte, dem C. zur
Zahlung vor, und C. gibt dem Ersuchen gegen Rückgabe des Scheins Folge, sei es weil er
den E. für den D. hält, sei es weil er irrigerweise annimmt, E. sei von D. zum Empfange
der Zahlung bevollmächtigt; dabei fällt auch dem C. keine Fahrlässigkeit zur Last, sei es weil
E. dem D. zum Verwechseln ähnlich ist, sei es, weil E. dem C. zugleich mit dem Schuld-
schein eine auf den Namen D.s meisterhaft gesälschte Empfangsvollmacht vorlegt. Hier
wird C. durch diese Zahlung gegenüber D. nicht befreit. D. kann also von ihm nochmalige
Zahlung fordern. Freilich ist er nicht im Besitz des Scheins, kann also den Schein nicht Zug
1) R. 53 S. 207.
12) Abw. RG. 53 S. 207, 55 S. 47.