446 Buch V. Das Gemeinschaftsrecht.
c) Die Führung der Gesellschaftsgeschäfte.
§ 277.
I. 1. Die Führung der Gesellschaftsgeschäfte steht grundsätzlich
den Gesellschaftern in der Art zu, daß über jedes vorzunehmende Geschäft
sämtliche Gesellschafter durch einstimmigen Beschluß zu entscheiden haben (709 I.
Daß das Geschäft ein durchaus gewöhnliches, daß es ein für die Gesellschaft
höchst nützliches, daß es sogar ein sehr dringliches ist, begründet eine Aus-
nahme von dieser Regel nicht.
Beispiele. I. Durch den Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft A. ist der Gesellschafter
B. bevollmächtigt, alle Geschäftsbriefe der Gesellschaft zugleich im Namen der vier andern
Gesellschafter zu unterzeichnen. Hier muß B. ungeachtet dieser Vollmacht, die ja nur Dritten
gegenüber Bedeutung hat, alle Geschäftsbriefe, auch die gewöhnlichsten, vor der Absendung
den andern vier Gesellschaftern zur Genehmigung vorlegen und muß die Absendung unter-
lassen, wenn ein Gesellschafter den Adressaten mit Hochwohlgeboren anreden will, während
ein andrer Gesellschafter dieser Floskel als altmodisch widerspricht. II. Schickt B. einen eiligen
Brief ab, ohne die Zustimmung eines zurzeit verreisten Mitgesellschafters einzuholen, so
haftet er der Gesellschaft nicht als rechtmäßig bestellter, sondern als auftragloser Geschäfts-
führer.
2. Die Gesellschafter können aber die überaus schwerfällige Regel zu 1
im Wege der Vereinbarung nach Belieben abändern.
a) Die Gesellschafter können die Geschäftsführung jedem einzelnen Gesell-
schafter für sich allein übertragen. Das hat den Sinn, daß er alle in den
Rahmen des Gesellschaftsvertrages fallende Geschäfte auf eigne Faust vor-
nehmen darf, ohne die andern Gesellschafter zuvor benachrichtigen, geschweige
denn ihre Zustimmung einholen zu müssen, daß er aber die Vornahme sofort
unterlassen muß, sobald auch nur einer der andern Gesellschafter Widerspruch
erhebt (711).
Beispiele. I. Wenn in dem Gesellschaftsvertrage die Geschäftsführung jedem Gesell-
schafter übertragen ist, darf B. in dem zu 1 genannten Fall jeden Geschäftsbrief, auch wenn
er nicht gewöhnlicher und gar nicht dringlicher Art ist, absenden, ohne die andern vier Ge-
sellschafter um Erlaubnis bitten zu müssen. II. Verlangt aber der Gesellschafter C., der zu-
fällig von dem Brief vor der Absendung Kenntnis erhielt, daß der Adressat mit Hochwohl-
geboren angeredet werde, so muß B. entweder nachgeben oder die Absendung unterlassen; ja
C. kann bei dieser Gelegenheit im Voraus rechtswirksam erklären, daß er auch bei der zu-
künftigen Korrespondenz mit jenem Adressaten auf dem „Hochwohlgeboren“ bestehe.
b) Die Gesellschafter können die Geschäftsführung ferner einem einzigen
oder mehreren ausgewählten Gesellschaftern übertragen. Das hat den Sinn,
daß diese „Geschäftsführer“ alle in den Rahmen des Gesellschaftsvertrages
fallenden Geschäfte auf eigne Faust vornehmen dürfen, ohne die andern nicht
geschäftsführenden Gesellschafter zuvor benachrichtigen, geschweige denn ihre Zu-
stimmung einholen zu müssen, und daß sie sogar einen ausdrücklichen Wider-