Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

474 Buch V. Das Gemeinschaftsrecht. 
Teilhabers zerfiele, so würde kein Teilhaber an der Teilforderung des andern in dessen Kon- 
kurse ein Absonderungsrecht haben. Nicht entgegensteht die Regel von 420; denn sie gilt 
ja nur im Zweifel. Beispiel: ein zwei Teilhabern gehöriges Haus trägt Mietzinsen; ein 
auf fremdem Boden gefundener Schatz wird von einem Unbefugten schuldhaft zerstört. 
2. Möglich ist, daß die Teilhaber außer dem ihnen bereits gemeinsamen Recht unabhängig 
von der hierdurch begründeten Rechtsgemeinschaft noch ein weiteres Recht gemeinsam nach 
Bruchteilen erwerben; ist dies der Fall, so entsteht dadurch eine zweite Rechtsgemeinschaft 
nach Bruchteilen, und jede dieser Gemeinschaften hat, selbst wenn die Bruchteile bei ihnen 
genau übereinstimmen, ihr eignes Gemeinschaftsvermögen. 
3. Die Führung der Gemeinschaftsgeschäfte. 
8 286. 
I. 1. a) Die Führung der Gemeinschaftsgeschäfte steht grund- 
sätzlich allen Teilhabern in der Art zu, daß über jedes vorzunehmende Geschäft 
nicht ein einstimmiger Beschluß sämtlicher Teilhaber, wie bei der Gesellschaft, 
sondern ein Mehrheitsbeschluß zu entscheiden hat; und zwar wird die Stimmen- 
mehrheit nicht nach Köpfen, sondern nach der Größe der Anteile der Teilhaber 
berechnet (745 1). Eine besondre Form ist für die Mehrheitsbeschlüsse nicht 
vorgeschrieben; ja die Mehrheit braucht vor der Beschlußfassung die Minderheit 
nicht einmal anzuhören. Für die Mehrheitsbeschlüsse besteht aber eine dreifache 
Schranke. 
a) Die Mehrheit kann nichts beschließen, was den Gegenstand des gemein- 
samen Rechts wesentlich ändert oder was den Regeln guter Wirtschaft wider- 
streitet; vielmehr kann ein Beschluß dieser Art nur einstimmig gefaßt werden 
(. 745 I, III). 
6) Die Mehrheit kann durch ihre Beschlüsse das Recht eines Teilhabers 
auf seinen Anteil an den Nutzungen des Gegenstandes des gemeinsamen Rechts 
nicht beeinträchtigen; vielmehr kann eine Schmälerung dieses Rechts nur unter 
Zustimmung des Teilhabers vorgenommen werden (745 III). 
)) Die Mehrheit kann die Minderheit nicht an der Vornahme von Maß- 
regeln hindern, die zur Erhaltung des Gegenstandes des gemeinsamen Rechts 
nötig sind; vielmehr kann eine solche Maßregel von jedem einzelnen Teilhaber 
auf eigne Faust getroffen werden (s. 744 U). 
Beispiele. Ein Haus gehört dem A. zu ⅜½, dem B. zu ½. I. A. will das Haus im 
ganzen, B. will es geteilt vermieten. Hier geht A.S Meinung vor, weil A. für sich allein 
die Mehrheit bildet. II. A. will das Haus, weil es baufällig ist, niederreißen; B. will es 
notdürftig ausbessern. Hier geht B.s Meinung vor, weil er den gemeinsamen Gegenstand 
erhalten, A. ihn wesentlich ändern will. 
b) Kommt ein Mehrheitsbeschluß nicht zustande, so gerät die Führung 
der Gemeinschaftsgeschäfte — abgesehn von den jedem einzelnen Teilhaber frei- 
stehenden Maßregeln zur Erhaltung des Gegenstandes des gemeinsamen Rechts 
— notwendig ins Stocken. Doch kann alsdann jeder Teilnehmer verlangen,
	        
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