Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

§ 286. Rechtsgemeinschaft nach Bruchteilen. Mehrheitsbeschlüsse. Vertretung. 475 
daß die Verwaltung des Gegenstandes im Prozeßwege so geregelt werde, wie 
ess dem Interesse der Teilhaber nach billigem Ermessen entspricht, jedoch unter 
Ausschluß einer wesentlichen Anderung des Gegenstandes (s. 745 II, III). 
Beispiel. Dem A. und B. gehört ein Haus gemeinsam zu gleichen Teilen: A. will es 
im ganzen, B. will es geteilt vermieten; jeder klagt gegen den andern auf Einwilligung in 
den von ihm gemachten Vorschlag. Hier gewinnt den Prozeß die Partei, die das Gericht von 
der größern Zweckmäßigkeit ihres Vorschlages überzeugt. 
2. Die Teilhaber können aber die Regeln zu 1 im Wege der Verein- 
barung nach Belieben abändern; insbesondre können sie das Stimmrecht in 
andrer Art bemessen; sie können die Zuständigkeit der Mehrheit sowohl er- 
weitern wie beschränken oder ganz ausschließen; sie können einen einzelnen von 
ihnen oder einen Fremden zum ständigen Geschäftsführer bestellen usw. 
II. 1. Alle Geschäftsführungsmaßregeln, die die Teilhaber oder ihre Ge- 
schäftsführer treffen, sind zunächst nur im Verhältnis der Teilhaber unter- 
einander wirksam. Soll also zwischen den Teilhabern und Dritten ein Rechts- 
geschäft vorgenommen oder ein Prozeß geführt werden, so sind die Regeln 
zu 1 unanwendbar. Insbesondre ist davon keine Rede, daß die Mehrheit der 
Teilhaber befugt wäre, die Minderheit Dritten gegenüber zu vertreten; viel- 
mehr ist das Rechtsgeschäft von oder gegenüber sämtlichen Teilhabern vorzu- 
nehmen, der Prozeß ist von oder gegenüber sämtlichen Teilhabern zu führen. 
Eine Harmonie zwischen Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht wird 
also, anders als bei der Gesellschaft, vom Gesetz nicht angestrebt. 
Beispiel. Wenn in dem zu I, 1 a genannien Fall A. die Vermietung des Hauses an 
C. beschließt, so muß B. sich dem fügen und den Mietvertrag mit abschließen. Weigert er 
sich aber, so ist die Folge nicht, daß nun A. allein den Mietvertrag abschließen, daß er allein 
das Haus dem C. zum Mietgebrauch übergeben darf, sondern nur daß B. ihm schadens- 
ersatzpflichtig ist. 
2. Doch steht selbstverständlich nichts im Wege, daß alle oder einzelne 
Teilhaber für alle Gemeinschaftsangelegenheiten oder einen Teil davon einen 
gemeinsamen Bevollmächtigten bestellen. Ob eine solche Bestellung erfolgt ist 
und wie weit sie geht, ist den Umständen des Einzelfalls zu entnehmen; 
anders als bei der Gesellschaft greifen irgendwelche gesetzliche Sonderregeln 
nicht ein. 
4. Gemeinschaftsschulden und Londerschulden der Teilhaber. 
§ 287. 
Wie bei der Gesellschaft, so sind auch bei der Rechtsgemeinschaft nach 
Bruchteilen drei Arten von Schulden zu unterscheiden: Gemeinschaftsschulden, 
Sonderschulden der Teilhaber und Schulden, die zugleich Gemeinschaftsschulden 
und Sonderschulden der Teilhaber sind. Wie es scheint, kommen auf diese
	        
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