Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

§ 295. Gründung des eingetragenen Vereins. 493 
Hier ist über die Eintragung dieser Vereine, wenn man von einem auf das „böffentliche“ 
Vereinsrecht gestützten Einspruch absieht, folgendes zu sagen. I. Gegen die „Leute ohne Gott“ 
kann die Polizei nichts machen; denn sie verfolgen keineswegs religiöse, sondern gerade um- 
gekehrt irreligiöse Zwecke. II. Bei dem „kleinen Flottenverein“ kann die Polizei aus jedem 
beliebigen Grunde Einspruch erheben, z. B. weil er dem „allgemeinen Flottenverein“ un- 
liebsame Konkurrenz zu machen droht oder weil einer der Vereinsgründer ein Krakehler ist; 
denn der Verein verfolgt politische Zwecke. III. Das nämliche Recht hat die Polizei bei 
dem „Malthus“; denn dieser Verein geht sozialpolitischen Zwecken nach. Anders wäre zu ent- 
scheiden, wenn der „Malthus“ die übermäßige Bevölkerungszunahme nicht „zur Minderung 
der sozialen Not", sondern „aus Gründen der Rassenhygiene“ oder „zwecks Förderung edler 
Menschlichkeit“ bekämpft. IV. Kein Einspruchsrecht hat die Polizei gegen den „Rauch“; 
denn daraus, daß der „Rauch“ nur sozialdemokratische Mitglieder annimmt, folgt nicht not- 
wendig, daß der ausdrückliche Ausschluß von Religion, Politik und Sozialpolitik in der 
Satzung nur zum Schein erfolgt ist. V. Was der „Giordano Bruno“ eigentlich bezweckt, 
kann nur wissen, wer weiß, was Dühringsche Weltanschauung ist. Die Polizei wird also 
wohl oder übel zunächst Dühring studieren müssen; kommt sie dahinter, daß die Dühringsche 
Weltanschauung zugleich eine politische Seite hat, so kann sie Einspruch erheben. 
Bei der Entscheidung der vorstehenden Fälle haben wir die folgenden freilich recht 
problematischen Voraussetzungen gemacht. 1. Ein Verein verfolgt „religiöse“ Zwecke, wenn 
er sich mit den Beziehungen des Menschen zu einem als übernatürlich gedachten Wesen ab- 
gibt; eine „Religionsgesellschaft“ braucht er deshalb noch nicht zu sein (s. oben S. 489 b#). 
II. Er verfolgt „politische“ Zwecke, wenn er sich mittelbar oder unmittelbar mit irgendwelchen 
Einrichtungen oder Tätigkeiten des Staats bejaßt. III. Er verfolgt „sozialpolitische“ Zwecke, 
wenn er den Gegensatz zwischen den verschiedenen Klassen der Gesellschaft unter Mitwirkung 
des Staats (dann sind seine Zwecke zugleich „politisch“) oder ohne Mitwirkung des Staats 
(dann sind sie rein sozialpolitisch) zu ändern strebt. Gleichgültig ist, ob diese Zwecke Haupt- 
oder bloße Nebenzwecke des Vereins sind. 
Reichsrechtlich ist nicht bestimmt, in welchem Umfange der Einspruch der Polizei im 
Fall der Anfechtung von dem hierfür zuständigen Verwaltungsgericht nachzuprüfen ist. Wie 
es scheint, soll die Bestimmung hierüber den Landesgesetzen überlassen bleiben. Für Preußen 
ist anzunehmen, daß die Nachprüfung nur der Frage, ob der Einspruch zulässig, nicht aber 
auch der Frage, ob er zweckmäßig war, gilt. * Doch kann in Preußen auch für diese Frage 
eine Nachprüfung beansprucht werden, aber nicht beim Verwaltungsgericht, sondern im Be- 
schwerdewege bei dem Regierungspräsidenten und dem Minister des Innern. 
) Erklärt die Verwaltungsbehörde, von ihrem Einspruchsrecht keinen Ge- 
brauch zu machen, so muß das Registergericht nunmehr die Eintragung des 
Vereins im Vereinsregister vornehmen (s. 63). Dasselbe ist der Fall, wenn 
die Verwaltungsbehörde die Abgabe einer Erklärung ganz unterläßt: doch darf 
die Eintragung alsdann erst erfolgen, wenn seit der Mitteilung der Anmeldung 
an jene Behörde sechs Wochen verstrichen sind (63). 
Beispiel einer Eintragung s. am Schluß dieses Bandes. Wie aus diesem Beispiel 
hervorgeht, wird im Vereinsregister nicht etwa die ganze Vereinssatzung eingetragen, sondern 
nur ein Auszug daraus, aus dem sich Name und Sitz des Vereins, der Tag der Errichtung 
der Satzung, eine etwaige Beschränkung der Vertretungsmacht des Vereins usw. ergeben 
müssen (64). Der übrige Teil der Sapung ist also für das Publikum nur aus den Akten 
des Registergerichts ersichtlich, kann aber dort von jedermann eingesehn werden (66 II, 79). 
e) Ein Nachspiel der Vereinsgründung ist, daß das Registergericht die 
erfolgte Eintragung des Vereins in seiner Zeitung öffentlich bekannt zu machen 
hat (66 1). 
Za) Landsberg S. 116.
	        
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