Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

§5 296, 297. Eingetragener Verein. Erwerbsbeschränkungen. Vorstand. 497 
4) Die Führung der Vereinsgeschäfte. 
aa) Die Organisation des Vereins zum Zweck der Geschäftsführung. 1 
8 297. 
Jeder eingetragene Verein muß zwei geschäftsführende Organe besitzen, den 
Vorstand und die Gesamtheit seiner Mitglieder. Außerdem steht es ihm frei, 
sich für seine Geschäftsführung auch noch beliebige andre fakultative Organe 
zu schaffen. 
I. 1. a) Die Zusammensetzung des Vereinsvorstandes steht, wenn 
die Satzung schweigt, in der Willkür der Mitgliedergesamtheit (27 I, II Satz 1) 
Diese kann also beliebige Personen in beliebiger Zahl auf beliebige Zeit zu 
Vorstandsmitgliedern ernennen und die ernannten schon vor Ablauf der be- 
stimmten Zeit nach Gutdünken wieder abberufen. Daneben hat aber auf An- 
trag eines Beteiligten auch das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Vereinssitz 
liegt, ein Ernennungsrecht: dies Recht darf aber selbstverständlich nur dann 
ausgeübt werden, wenn die erforderlichen Mitglieder des Vorstandes fehlen, 
und nur in dringenden Fällen und nur für die Zeit bis zur Hebung des 
Mangels (29). 
Beispiele. I. Der eingetragene Gesangverein Harmonie, dessen Vorstand bisher jahre- 
lang aus drei musikfreundlichen Vereinsmitgliedern bestand, beruft die drei Herren plötzlich 
ab, weil sie bei der Reichstagswahl gegen die Regierung gestimmt haben, und ernennt als 
neues einziges Vorstandsmitglied den Regierungspräsidenten, obschon dieser für Musik nicht 
das mindeste Interesse hat und dem Verein gar nicht als Mitglied angehört. Hier ist, falls 
die Satzung über Bestellung und Abberufung keine Regeln enthält, weder gegen die Gültig- 
keit der Abberufung noch gegen die Gültigkeit der Neuwahl etwas einzuwenden. II. Dem 
Turnverein Germania, dessen Vorstand A. ist, bietet sich eine Gelegenheit, einen geeigneten 
Turnsaal auf Jahre zu günstigen Bedingungen zu mieten; doch muß er sich sofort erklären, 
da noch ein andrer Verein auf den Saal Absichten hat; A. ist aber gerade jetzt verreist. 
Hier kann dem Verein auf Antrag jedes seiner Mitglieder vom Amtsgericht bis zu A.8 
Rückkehr eine beliebige Person zum Vorstande bestellt werden, um über die Miete des 
Saals zu enischeiden. 
b) Die Regeln zu a können durch die Satzung in weitestem Umfange 
abgeändert und damit die Machtvollkommenheit der Mitgliedergesamtheit auf 
das empfindlichste beschränkt werden (58 Nr. 3, 27 I, II, 40). Doch sind dem 
Belieben der Satzung zwei Schranken gesetzt: erstens muß die Satzung der 
Mitgliedergesamtheit das Recht belassen, die Vorstandsmitglieder wenigstens 
dann abzuberufen, wenn dies durch einen wichtigen Grund gerechtfertigt wird, 
so daß wenigstens in diesem einen Punkt die Mitgliedergesamtheit dem Vor- 
stande unabänderlich übergeordnet ist; zweitens kann die Satzung das Recht 
1) Schloßmann, Jahrb. f. Dogm. 44 S. 289; Preuß, ebenda S. 429; Westmann, 
Rechtsstellung des Vorstandes (03); Broicher, Arch. f. BR. 24 S. 192. 
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