§ 298. Eingetragener Verein. Zuständigkeit d. Vorstandes u. d. Mitgliederversamml. 503
beiten des Vereins zu mischen, sondern der Vorstand hierin völlig freie Hand habe. II. Die
Satzung kann umgekehrt bestimmen, daß der Vorstand vor der Beschlußfassung über die Ver-
anstaltung einer neuen wissenschaftlichen Arbeit die Zustimmung der Mitgliederversammlung
einholen müsse.
2. Neben dem Vorstande ist auch die Gesamtheit der Vereinsmitglieder
zur Geschäftsführung befugt wie folgt.
a) Wenn die Satzung schweigt, ist die Gesamtheit der Vereinsmitglieder
zunächst für die Bestellung und Abberufung der Vorstandsmitglieder und für
die Satzungsänderung ausschließlich zuständig; außerdem kann sie aber auch
in diejenigen Geschäfte eingreifen, für die auch der Vorstand zuständig ist, sei
es, daß sie, wie bereits erwähnt, dem Vorstande hierfür bindende Anweisungen
erteilt, sei es, daß sie diese Geschäfte selber unmittelbar erledigt: sie erweist
sich also damit als das oberste auch dem Vorstande übergeordnete Vereins-
organ. Dem entspricht es, daß die Mitgliedergesamtheit bei ihrer Geschäfts-
führung völlig willkürlich verfahren kann und niemandem darüber Rechenschaft
schuldig ist. Doch ist sie an folgende Schranken gebunden.
a) Selbstverständlich darf sie so wenig wie der Vorstand gegen zwingende
Gesetzesvorschriften verstoßen oder die Rechte Dritter verletzen; inwieweit
dabei die Rechte der Mitglieder als Rechte Dritter gelten, wird erst später zu
erörtern sein (s. unten S. 509).
6#)Ebensowenig darf sie aber, auch hierin dem Vorstande gleich, die
Vereinssatzung verletzen: sie steht freilich insofern über der Satzung, als sie
sie ändern kann; solange sie aber von dieser Befugnis keinen Gebrauch macht,
ist auch sie an die Satzung gebunden.
Beispiele. I. 1. Die Satzung eines Vereins bestimmt nichts darüber, wer neue Mit-
glieder in den Verein aufzunehmen hat. Hier kann die Mitgliederversammlung beschließen,
daß nicht der Vorstand, sondern sie selber dafür zuständig sein soll. 2. Die Mitglieder-
versammlung verbietet dem Vorstande, ein dem Verein gemachtes sehr günstiges geschäftliches
Angebot anzunehmen, weil die die Mehrheit bildenden Mitglieder durch einen Strohmann dem
Verein ein gleichartiges aber viel weniger günstiges Angebot gemacht haben (s. den ver-
wandten Fall oben S. 501 e). Hier muß der Vorstand, auch wenn er die Intrigue durch-
schaut, sich dem Beschluß fügen. II. Die auf fünf Jahre gegen festes Gehalt angestellten
Vorstandsmitglieder weigern sich, einen Beschluß der Mitgliederversammlung auszuführen,
weil er gegen die Vereinssatzung verstoße, und werden deshalb von der Mitgliederversammlung
sofort abberusen; nun klagen sie auf Weiterzahlung des Gehalts, und das Gericht findet, daß
der Beschluß der Versammlung in Wahrheit mit der Vereinssatzung in Einklang gewesen
sei. Hier ist der Gehaltsanspruch der abberufenen Vorstandsmitglieder trotzdem begründet,
wenn die Frage, ob eine Satzungsverletzung vorlag oder nicht, zweifelhaft war; denn die
Vorstandsmitglieder waren verpflichtet, die Frage, ob sie dem Beschluß der Versammlung
gehorchen dürften oder nicht, auf eigne Verantwortung zu prüfen, und daß sie bei dieser
Prüfung ohne ihr Verschulden zu einem Ergebnis gelangten, das von dem Gericht später
als unrichtig verworfen wurde, rechtfertigte ihre plötzliche Abberufung nicht.
Ein Beschluß, durch den die Mitgliederversammlung ihre Zuständigkeit überschreitet,
ist nichtig, so daß sich jedermann darauf berufen kann; Beispiel: A., der von dem Verein B.
im Widerspruch zur Satzung zum Vorstande gewählt ist, hat namens des Vereins mit C.
einen Vertrag abgeschlossen; hier braucht C., wenn ihm der Handel leid wird, den Vertrag
nicht gelten zu lassen, da ja A. in Wahrheit nicht Vorstand von B. gewesen ist. Klagt ein