Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

504 Buch VI. Das Recht der juristischen Personen. 
Mitglied auf Feststellung der Nichtigkeit eines Beschlusses, so ist das Urteil nur für und 
gegen den Kläger wirksam, nicht auch für und gegen die andern Mitglieder. 
b) Die Satzung kann aber die Zuständigkeit der Mitgliedergesamtheit 
sowohl erweitern wie beschränken; nur das Recht, Vorstandsmitglieder aus 
wichtigen Gründen jederzeit abzuberufen, kann sie ihr, wie bereits erwähnt, 
nicht entziehn (40, 27 II). 
3. Sind neben dem Vorstande und der Gesamtheit der Vereinsmitglieder 
noch fakultative Vereinsorgane bestellt, so hängt das Maß ihrer Geschäfts- 
führungsbefugnis von der Satzung ab. Insbesondre ist aus der Satzung zu 
entnehmen, ob diese Organe für die Führung der ihnen überwiesenen Geschäfte 
ausschließlich zuständig sind oder ob sie sich die Konkurrenz des Vorstandes 
und der Gesamtheit der Vereinsmitglieder gefallen lassen müssen. 
II. 1. Mit der Befugnis des Vorstandes, die Vereinsgeschäfte zu führen, 
ist zugleich die Rechtsmacht verbunden, den Verein bei der Vornahme von 
Rechtsgeschäften und der Führung von Rechtsstreitigkeiten gerichtlich wie außer- 
gerichtlich zu vertreten (26 1). 
a) Wenn die Satzung schweigt, ist die Vertretungsmacht des Vorstandes 
schrankenlos; insbesondre gilt sie auch dann, wenn der Vorstand Rechts- 
geschäfte vornimmt, deren Abschluß ihm von der Mitgliederversammlung aus- 
drücklich untersagt ist oder von denen er weiß oder wissen muß, daß sie den 
Verein benachteiligen: ein Rechtsgeschäft dieser Art macht die Vorstandsmit- 
glieder, die es vorgenommen haben, gegenüber dem Verein schadensersatzpflichtig, 
ist aber im Verhältnis zwischen dem Verein und der Gegenpartei selbst dann 
nicht vollgültig, wenn letztere die Pflichtwidrigkeit des Verhaltens der Vor- 
standsmitglieder gekannt hat.? Die Satzung kann aber diese für den Verein 
äußerst gefährliche Regel willkürlich ändern und die Vertretungsmacht des 
Vorstandes mit Wirkung gegen Dritte auf ein beliebig enges Maß herabdrücken 
(26 II Satz 2). 
Beispiele. I. 1. Die Satzung eines politischen Vereins schweigt über die Geschäfts- 
führungsbefugnis und Vertretungsmacht des Vorstandes vollständig. Hier ist es gültig, wenn 
der Vorstand namens des Vereins Grundstücke kauft oder verkauft, an der Börse spekuliert, 
Schenkungsversprechen macht usw. 2. Derselbe Fall; nur bewilligt der Vorstand bei einem 
Grundstückskauf dem Veräufer einen Kauppreis, der offensichtlich viel zu groß ist. Hier ist der 
Vertrag gleichfalls gültig; denn der Verkäufer kann die Verantwortung der Vorstandsmitglieder 
für ihr Verhalten gegenüber dem Verein diesen selber überlassen. Eine Ausnahme wird 
nur dann gelten, wenn der Verkäuser durch seine Mitwirkung bei dem Kauf den Verein vor- 
sätzlich im Widerspruch zur guten Sitte schädigt (s. 826). II. Zulässig ist eine Klausel der 
Satzung, wonach der Vorstand jedes Rechtsgeschäft, dessen Gegenstand mehr als 50 Mk. aus- 
macht, gültig nur mit Genehmigung der Mitgliederversammlung abschließen kann. 
Man könnte beim Schweigen der Satzung die Vertretungsmacht des Vorstandes 
vielleicht dahin beschränken, daß man ihm solche Geschäfte verschließt, die mit dem Vereins- 
zweck nichts zu tun haben; denn insofern scheint die Satzung die Vertretungsmacht des 
Vorstandes stillschweigend beschränkt zu haben. Wie soll aber ein Dritter beurteilen, ob 
1) Abw. v. Tuhr 1 S. 518. " 
2) Vgl. aber RG. 75 S. 299. 3) So Ortmann Anm. 4 a zu § 26.
	        
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