§ 298. Eingetragener Verein. Vertretung nach außen. 505
ein Rechtsgeschäft des Vorstandes nicht wenigstens mittelbar dem Vereinszweck dienen soll?
Kann nicht z. B. auch eine Börsenspekulation im Interesse eines politischen Vereins unter-
nommen werden, um dessen finanzielle Mittel zu verbessern? Man könnte also jene Be-
schränkung höchstens für den Fall gelten lassen, daß auch die Gegenpartei weiß (oder wissen
muß?), das Geschäft stehe nicht im Dienst des Vereinszwecks.
b) Soweit der Vorstand den Verein zu vertreten befugt ist, hat er nicht
die Stellung eines Bevollmächtigten, sondern die eines sogenannten „gesetzlichen“
Vertreters (26 II Satz 1; s. oben Bd. 1 S. 287, 2). Daraus folgt unter
anderm, daß in Vereinsprozessen die Parteieide nicht von den Vereinsmitgliedern
als solchen, sondern nur von den Vorstandsmitgliedern geleistet werden.
Beispiel. Alle Mitglieder eines eingetragenen Vereins wissen, daß das Grundstück des
A. im Grundbuch fälschlich auf des B. Namen eingetragen ist; nur dem C., der Vorstand
des Vereins ist, ist diese Tatsache zufällig unbekannt; nun beauftragt die Mitgliederver-
sammlung den C., das Haus von B. für den Verein zu erwerben, und C. führt in seiner
Unschuld den Auftrag aus. Hier wird nach dem unzweideutigen Wortlaut von 166 I der
Verein Eigentümer des Hauses; denn C. ist ja nicht Bevollmächtigter des Vereins (166 H),
sondern gilt als gesetzlicher Vertreter. Doch liegt hier einer der Fälle vor, in denen dem
Wortlaut des Gesetzes die Folge zu versagen ist (s. oben Bd. 1 S. 34).
IP) Selbstverständlich ist, daß der Rechtsmacht des Vorstandes, den Verein
bei der Vornahme von Rechtsgeschäften und der Führung von Rechtsstreitig-
keiten aktiv zu vertreten, auch eine passive Rechtsmacht zur Seite steht, kraft
deren gerichtliche und außergerichtliche Willenserklärungen und sonstige Mit-
teilungen oder Zustellungen, die für den Verein bestimmt sind, rechtsgültig
gegenüber dem Vorstande abgegeben werden können. Doch gilt hier die Be-
sonderheit, daß diese passive Vertretungsmacht durch die Satzung nicht abgeändert
werden kann und daß bei einem aus mehreren Personen bestehenden Vorstande
die Abgabe gegenüber einem Mitgliede genügt (28 II, 40; ZPO. 171 III).
4) Eine besondre Bedeutung für die Vertretungsmacht des Vorstandes
haben die hierauf bezüglichen Eintragungen des Vereinsregisters. Bei einem
zwischen den bisherigen Mitgliedern des Vorstandes und einem Dritten vor-
genommenen Rechtsgeschäft kann nämlich die Tatsache, daß jene Personen dem
Vorstande damals nicht mehr angehörten, dem Dritten in sehr verschiedenem
Umfange entgegengesetzt werden, je nachdem sie zur Zeit der Vornahme des
Rechtsgeschäfts im Register eingetragen war oder nicht: im ersteren Fall muß
der Dritte sie ohne weiteres gegen sich gelten lassen, es sei denn, daß sie ihm
bei Vornahme des Rechtsgeschäfts nachweislich ohne eine Fahrlässigkeit seiner-
seits unbekannt gewesen ist; im letzteren Fall braucht er sie nur dann gegen
sich gelten zu lassen, wenn sie ihm damals trotz des Mangels der Eintragung
nachweislich bekannt gewesen ist (68). Eine entsprechende Regel gilt, wenn
durch eine Bestimmung der Satzung die dem Vorstande kraft Gesetzes zustehende
Vertretungsmacht eingeschränkt oder die Art, in der ein aus mehreren Personen
bestehender Vorstand seine Beschlüsse zu fassen hat, in andrer Art, als das
Gesetz es vorschreibt, geregelt wird (70).
Beispiele. I. A. ist als Vorstand eines Vereins am 1. April abgesetzt, und an seine
Stelle ist B. getreten; die Anderung ist im Vereinsregister erst am 2. Juli eingetragen;