Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

506 Buch VI. Das Recht der juristischen Personen. 
C. und D., die im Vereinshause zur Miete wohnen, kündigen die Wohnung auf den 1. Oktober 
zu Händen des A. und zwar C. am 1., D. am 3. Juli; ob C. und D. damals gewußt oder 
nicht gewußt haben, daß A. nicht mehr Vorstand war, läßt sich nicht beweisen. Hier ist die 
Kündigung des D. ungültig. Dagegen kann C. seine Kündigung nach Gutdünken als gültig 
oder als ungültig behandeln. 2. Derselbe Fall; nur wird der Beweis erbracht, daß C. und 
D. zur Zeit der Kündigung die Absetzung A.s zwar nicht gekannt haben, aber bei einiger 
Aufmerksamkeit hätten kennen können. Hier ist die Enischeidung dieselbe wie zu 1. Dagegen 
ist, wenn die Unkenntnis des D. entschuldbar war, seine Kündigung gerade ebenso gültig 
wie die C.s. 3. Derselbe Fall; nur war Al. nicht abgesetzt; in Wahrheit ist vielmehr von 
Anfang an nicht A., sondern B. Vereinsvorstand gewesen; daß das Register bis zum 2. Juli 
statt B.s den A. als Vorstand benannte, beruhte auf einem bloßen Schreibfehler des 
Registerrichters. Hier sind beide Kündigungen, die des C. wie die des D., absolut ungültig, 
weil hier eine wirkliche „Anderung“ des Vorstandes, wie sie in der Regel zu d vorausgesetzt 
wird, gar nicht vorliegt. II. E. hat einen Prozeß, der im Namen eines Vereins gegen ihn 
angestrengt war, gewonnen; der Verein war während des ganzen Prozesses Hurch Rechts- 
anwalt F. vertreten, auf Grund einer Vollmacht, die der Vereinsvorstand ihm in einer Vor- 
standssitzung mittels Mehrheitsbeschlusses unter Protest der Minderheit erteilt hatte; in der 
Satzung steht aber, daß der Vereinsvorstand seine Beschlüsse nur einstimmig fassen könne; 
indes ist diese Satzungsklausel im Register nicht eingetragen, und E. hat sie erst nach Be- 
endigung des Prozesses erfahren. 1. Hier ist das in dem Prozeß ergangene Urteil dem 
Verein unnachteilig, so daß er gegen E. aus dem nämlichen Rechtsgrunde noch einmal klagen 
kann, wenn jene Klausel bereits in der ursprünglichen Satzung gestanden hat; denn als- 
dann war die dem F. erteilte Vollmacht ungültig, der Verein also in dem Prozeß nicht 
vertreten. Die Nichteintragung der Klausel macht nichts aus, weil es sich hier nicht um 
ein Rechtsgeschäft, sondern um eine Prozeßführung namens des Vereins handelt, die Regel 
oben zu d also unanwendbar ist. 2. Dagegen wirkt das Urteil gegen den Verein, wenn die 
Klausel erst nachträglich in die Satzung eingefügt ist; denn alsdann wird sie ja erst durch 
die Eintragung im Vereinsregister gültig (s. oben 501 d). 
Sehr merkwürdig ist, wie verschieden das Gesetz die Wirkung einer Eintragung oder 
Nichteintragung für das Vereins-, das Güterrechts= und das Handelsregister geregelt hat 
(s. 68, 1435; HGB. 15): beim Vereinsregister erstreckt die Wirkung sich im Rahmen der 
Regel zu d, wie wir sahn, nur auf Rechtsgeschäfte; beim Güterrechtsregister dehnt sie sich auch 
auf Urteile aus; beim Handelsregister ist sie eine ganz allgemeine. Nicht ganz deutlich ist, 
ob diese Verschiedenheit auf gesetzgeberischem Tiefsinn beruht oder ob bloß ein gewöhnlicher 
Redaktionsfehler vorliegt. 
2. Neben dem Vorstande ist auch die Gesamtheit der Vereinsmitglieder 
zur Vertretung des Vereins befugt." Besondre gesetzliche Regeln sind für diese 
Vertretungsmacht nicht aufgestellt. 
Beispiel. Wenn eine Mitgliederversammlung ein neu besoldetes Vorstandsmitglied 
wählt, kann sie den Abschluß des Dienstvertrages mit ihm dem alten Vorstande überlassen, 
kann ihn aber ebensogut namens des Vereins auch selber vornehmen. 
3. Ob auch die fakultativen Vereinsorgane Vertretungsmacht für den Verein 
haben, hängt von der Bestimmung der Satzung ab. Haben sie eine solche, 
so erstreckt sie sich im Zweifel auf alle Rechtsgeschäfte, die der ihnen zugewiesene 
Geschäftskreis gewöhnlich mit sich bringt (s. 30). 
Selbstverständlich steht nichts im Wege, daß der Verein sich im Einzelfall auch durch 
andre Personen als Vorstand und Mitgliedergesamtheit vertreten läßt, ohne daß dies in 
der Satzung besonders vorgesehn wäre. Ein solcher nicht satzungsmäßiger Vertreter ist 
dann aber weiter nichts als ein gewöhnlicher Bevollmächtigter. 
4) Abw. Ortmann Anm. 4 a zu §8 26.
	        
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