Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

518 Buch VI. Das Recht der juristischen Personen 
b) Nichteingetragene rechtsfähige Vereine auf der Grundlage 
des bürgerlichen Gesetzbuchs. 
8 304. 
I. 1. Nichteingetragenerechtsfähige Vereine auf der Grund- 
lage des bürgerlichen Gesetzbuchs sind alle rechtsfähigen Vereine, die 
ihre juristische Persönlichkeit, wie die eingetragenen Vereine, auf der Grundlage 
des bürgerlichen Gesetzbuchs, aber nicht, wie diese, durch Eintragung im Ver- 
einsregister, sondern durch „staatliche Verleihung“ erlangt haben. 
2. Ein Verein kann die juristische Persönlichkeit auf Grundlage des 
bürgerlichen Gesetzbuchs durch staatliche Verleihung nur erwerben, wenn er 
privater Natur und sein Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ge- 
richtet ist (22); doch braucht der Geschäftsbetrieb keineswegs der Hauptzweck, 
sondern kann auch ein bloßer vielleicht sehr unbedeutender Nebenzweck des 
Vereins sein. 
Der positiven Voraussetzung, daß der Verein einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb be- 
zwecken muß, ist aber noch die negative Voraussetzung zuzufügen, daß er nicht nach Zweck und 
Organisation einer Vereinsform angehören darf, die durch ein Sondergesetz zwingend geregelt 
ist. Beispiel: ein Verein, der eine Fabrik betreiben will, möchte sich als Aktiengesellschaft 
konstituieren, stößt sich aber an der Regel des HGB.s, daß der Mindestbetrag der Aktien 
regelmäßig 1000 Mk. ist, während er gern, um Mitglieder unter den kleinen Leuten zu ge- 
winnen, Aktien zu 20 Mk. ausgeben möchte; nun bewirbt er sich bei seiner Regierung um 
die Verleihung der juristischen Persönlichkeit auf Grund des BG.8, obschon er nach seiner 
Satzung einer Aktiengesellschaft täuschend ähnlich sieht und sich nur durch den Namen und 
durch die Kleinheit seiner „Anteilscheine“ von ihr unterscheidet; hier darf die Regierung 
seinem Verlangen nicht stattgeben. 
Die Folge der letzteren Regel ist, daß die Form des nicht eingetragenen Vereins auf 
der Grundlage des BG.s nur aushülfsweise anwendbar ist, nämlich nur für Vereine, denen 
einesteils das Vereinsregister verschlossen ist, weil sie einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb 
verfolgen, und für die andernteils auch die zahlreichen für wirtschaftliche Vereine durch 
Sondergesetze geschaffenen Formen, z. B. die der Aktiengesellschaft, nicht passen. Hierher 
werden namentlich Vereine gehören, bei denen der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb nur ein 
Nebenzweck ist, z. B. der oben S. 489 , Beispiel II erwähnte gesellige Klub mit Weinhandel. 
II. 1. Über die Gründung der hierher gehörigen Vereine ist, abgesehn 
von dem Hauptpunkt, daß sie ihre juristische Persönlichkeit durch staatliche 
Verleihung erlangen, gesetzlich nicht das mindeste bestimmt. Sonach hängt 
das Gelingen der Gründung einzig und allein von dem Wohlwollen oder Übel- 
wollen der zuständigen Staatsbehörde ab: an Stelle des Systems der festen 
Normativbestimmungen gilt hier ein reines Konzessionssystem (s. oben S. 494). 
Die Gründung ist also beim Wohlwollen der zuständigen Behörde noch leichter als bei 
eingetragenen Vereinen; es ist z. B. die Siebenzahl der Gründer nicht nötig. Dagegen ist sie 
beim Ubelwollen der Behörde geradezu unmöglich.
	        
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