518 Buch VI. Das Recht der juristischen Personen
b) Nichteingetragene rechtsfähige Vereine auf der Grundlage
des bürgerlichen Gesetzbuchs.
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I. 1. Nichteingetragenerechtsfähige Vereine auf der Grund-
lage des bürgerlichen Gesetzbuchs sind alle rechtsfähigen Vereine, die
ihre juristische Persönlichkeit, wie die eingetragenen Vereine, auf der Grundlage
des bürgerlichen Gesetzbuchs, aber nicht, wie diese, durch Eintragung im Ver-
einsregister, sondern durch „staatliche Verleihung“ erlangt haben.
2. Ein Verein kann die juristische Persönlichkeit auf Grundlage des
bürgerlichen Gesetzbuchs durch staatliche Verleihung nur erwerben, wenn er
privater Natur und sein Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ge-
richtet ist (22); doch braucht der Geschäftsbetrieb keineswegs der Hauptzweck,
sondern kann auch ein bloßer vielleicht sehr unbedeutender Nebenzweck des
Vereins sein.
Der positiven Voraussetzung, daß der Verein einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb be-
zwecken muß, ist aber noch die negative Voraussetzung zuzufügen, daß er nicht nach Zweck und
Organisation einer Vereinsform angehören darf, die durch ein Sondergesetz zwingend geregelt
ist. Beispiel: ein Verein, der eine Fabrik betreiben will, möchte sich als Aktiengesellschaft
konstituieren, stößt sich aber an der Regel des HGB.s, daß der Mindestbetrag der Aktien
regelmäßig 1000 Mk. ist, während er gern, um Mitglieder unter den kleinen Leuten zu ge-
winnen, Aktien zu 20 Mk. ausgeben möchte; nun bewirbt er sich bei seiner Regierung um
die Verleihung der juristischen Persönlichkeit auf Grund des BG.8, obschon er nach seiner
Satzung einer Aktiengesellschaft täuschend ähnlich sieht und sich nur durch den Namen und
durch die Kleinheit seiner „Anteilscheine“ von ihr unterscheidet; hier darf die Regierung
seinem Verlangen nicht stattgeben.
Die Folge der letzteren Regel ist, daß die Form des nicht eingetragenen Vereins auf
der Grundlage des BG.s nur aushülfsweise anwendbar ist, nämlich nur für Vereine, denen
einesteils das Vereinsregister verschlossen ist, weil sie einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb
verfolgen, und für die andernteils auch die zahlreichen für wirtschaftliche Vereine durch
Sondergesetze geschaffenen Formen, z. B. die der Aktiengesellschaft, nicht passen. Hierher
werden namentlich Vereine gehören, bei denen der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb nur ein
Nebenzweck ist, z. B. der oben S. 489 , Beispiel II erwähnte gesellige Klub mit Weinhandel.
II. 1. Über die Gründung der hierher gehörigen Vereine ist, abgesehn
von dem Hauptpunkt, daß sie ihre juristische Persönlichkeit durch staatliche
Verleihung erlangen, gesetzlich nicht das mindeste bestimmt. Sonach hängt
das Gelingen der Gründung einzig und allein von dem Wohlwollen oder Übel-
wollen der zuständigen Staatsbehörde ab: an Stelle des Systems der festen
Normativbestimmungen gilt hier ein reines Konzessionssystem (s. oben S. 494).
Die Gründung ist also beim Wohlwollen der zuständigen Behörde noch leichter als bei
eingetragenen Vereinen; es ist z. B. die Siebenzahl der Gründer nicht nötig. Dagegen ist sie
beim Ubelwollen der Behörde geradezu unmöglich.