§8§ 304, 305. Nicht eingetragene rechtsfähige Vereine. 519
Ganz im Dunkeln liegt die Frage, ob es nicht Fälle gibt, in denen die staatliche Ver-
leihung der juristischen Persönlichkeit ungültig ist. Beispiel: sie wird einem Verein auf
Antrag einer kleinen Minderheit der Mitglieder von der Staatsregierung gegen den Protest
der Mehrheit aufgedrängt.
2. Für die Verleihung der juristischen Persönlichkeit ist zuständig: in
Preußen der Minister, in dessen Ressort der Verein seiner Art nach gehört
(Pr. V. v. 16. 11. 99 Art. 1), in Bayern der Landesherr (bayr. V. v. 24.
12. 99 § 4), in Hamburg der Senat (AusfGes. Hamburg 1) usw. Gegen die
Verweigerung der Verleihung ist irgendein Rechtsmittel nicht gegeben.
III. 1. Für die Rechtsverhältnisse des Vereins und seiner Mitglieder nach
der Gründung gelten im allgemeinen dieselben Regeln wie bei den eingetragenen
Vereinen (24—53) bis auf folgende Unterschiede:
a) Die Auswahl von Namen und Sitz ist nicht beschränkt (s. 57, 65).
b) Eine Satzungsänderung bedarf staatlicher Genehmigung (33 1I).
c) Dem Verein kann die Rechtsfähigkeit entzogen werden, wenn er irgend-
einen andern als den in der Satzung genannten Zweck verfolgt (43 IV). Da-
gegen ist die Entziehung um deswillen, weil die Mitgliederzahl unter drei
sinkt, nicht zulässig (s. 73)11
4) Unanwendbar sind sämtliche auf das Vereinsregister bezüglichen Regeln.
2. Alle diese Regeln gelten aber nur insoweit, als nicht landesrechtlich
ein andres bestimmt ist: die „Verfassung“ der hierher gehörigen Vereine gehört
also zu den der Landesgesetzgebung überwiesenen Materien (EcG. 82). Doch
scheinen derartige landesrechtliche Bestimmungen zurzeit tatsächlich kaum vor-
handen zu seint.
hc) Rechtsfähige privatrechtliche auf Sondergesetzen beruhende
Vereine.
g 305.
I. 1. Rechtsfähige privatrechtliche auf Sondergesetzen be-
ruhende Vereine sind alle Vereine des Privatrechts, die ihre juristische
Persönlichkeit einem andern Reichsgesetz als dem bürgerlichen Gesetzbuch oder die
sie — auf dem Gebiet der der Landesgesetzgebung überwiesenen Materien —
einem Landesgesetz verdanken. Ihre Zahl ist ungemein groß. Vor allem gehören
die Aktiengesellschaften, die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die eingetragenen
Genossenschaften, die Kolonialgesellschaften und — auf dem Gebiet der der
Landesgesetzgebung überwiesenen Materien — die bergrechtlichen Gewerkschaften,
die privaten Wasser-, Jagd-, Fischerei-, Waldgenossenschaften usw. hierher.
2. Weitaus die meisten dieser Vereine verfolgen einen wirtschaftlichen Ge-
schäftsbetrieb, stehn also ihrer Tätigkeit nach den im vorigen Paragraphen be-
1) Siehe Planck, Anm. 4 zu E. 82.