34 Buch III. Abschnitt 1. Das Sachenrecht im allgemeinen.
formell eingetragen ist, rechtswirksam sei. Doch haben unfre Gesetze, wie be-
reits früher erwähnt, eine derartige radikale Regel bloß in beschränktem Um-
fange aufgestellt. Dagegen begnügen sie sich im übrigen damit, die Beurkun-
dung des Bestandes der Buchrechte nicht für notwendig, sondern nur für statt-
haft zu erklären. Soweit aber dem Grundbuch die Macht fehlt, den Bestand
der Buchrechte durch bloße Unterlassung der formellen Eintragung auch ma-
teriell zu beeinflussen, soweit gilt es, wenn es eine statthafte Eintragung unter-
läßt, nach der gesetzlichen Terminologie gerade so als „unrichtig“", wie wenn
es über den Bestand der Buchrechte positive falsche Angaben machen würde.
Beispiele. I. 1. Das Grundbuchamt hat eine auf den Namen des A. eingetragene
Hypothek gelöscht, weil ihm eine Urkunde vorgelegt wurde, laut deren sowohl A. wie der
Grundstückseigentümer B. die Löschung beantragten; nachträglich stellt sich heraus, daß der
Antrag A.s gefälscht war. Hier ist das Grundbuch unrichtig; denn die Hypothek A.s ist
durch die zwar formgerechte, aber dem materiellen Recht widerstretiende Löschung in Wirk-
lichkeit nicht aufgehoben. 2. C. hat an dem Grundstück D.s in der durch BGB. 1287 bestimmten
Art eine Sicherungshypothek erworben, ohne daß sie im Grundbuch eingetragen ist. Hier
ist das Grundbuch gleichfalls unrichtig; denn die Hypothek C.s#war eintragungsfähig,
aber nicht eintragungsbedürftig, ist also rechtswirksam auch ohne Eintragung entstanden.
Das Grundbuch stellt somit, wenn es die Hypothek nicht erwähnt, die an dem Grundstück
D. s bestehenden Buchrechte unvollständig dar, und diese Unvollständigkeit gilt eben dem Ge-
setzbuch als Unrichtigkeit. II. Das Grundbuchamt hat auf dem Grundstück des F. eine
Hypothek für G. an erster, für H. an zweiter Stelle eingetragen, obschon F. die Eintragung
für H. früher beantragt hatte als für G. Hter ist das Verfahren des Grundbuchamts
zweifellos unrichtig. Ebenso ist es aber zweifellos, daß durch dies unrichtige Verfahren des
Grundbuchamits G.# Hypothek tatsächlich den Vorrang vor der Hypothek H.s gewonnen hat.
Also hat, wenn dieser Vorrang im Grundbuch festgestellt wird, zwar das Grundbuchamt,
nicht aber das Grundbuch selbst unrecht. Das Grundbuch ist demnach „richtig"“. 2 Der Haus-
eigentümer J. hat die Eintragung einer Hypothek für K. beantragt; das Grundbuchamt hat
aber vergessen, die Eintragung auszuführen. Hier ist das Verfahren des Grundbuchamts
zweisellos unrichtig. Ebenso zweisellos ist aber, daß durch dies unrichtige Verfahren des
Grundbuchamts das Zustandekommen der Hypothek des K. tatsächlich verhindert ist. Also
hat, wenn die Hypothek K.s im Grundbuch nicht erwähnt ist, zwar das Grundbuchamt, nicht
aber das Grundbuch selbst unrecht. Das Grundbuch ist demnach „richtig“. III. Der Eigen-
tümer des Grundstücks m hat über die Grenze, die m von n trennt, gebaut; L., der
Eigentümer von n, hat hierdurch ein Rentenrecht an m erlangt (912). Hier liegt, wenn
dies Rentenrecht nicht eingetragen wird, eine Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht vor; denn
ein solches Recht ist nicht nur nicht eintragungsbedürstig, wie die im Fall I, 2 erwähnte
Sicherungshypothek, sondern nicht einmal eintragungsfähig (914 II). Demnach wird das
Grundbuch durch die Nichterwähnung des Rentenrechts nicht unvollständig, also auch nicht
unrichtig.
2. Darin, daß in einem konkreten Fall das Grundbuch für unrichtig er-
klärt wird, liegt nicht notwendig ein Vorwurf für das Grundbuchamt. Viel-
mehr gibt es zahlreiche Fälle, in denen das Grundbuchamt schlechterdings nicht
in der Lage ist, eine Unrichtigkeit des Grundbuchs zu verhindern.
Beispiel. A., der richtig als Eigentümer des Guts Hausdorf im Grundbuch eingetragen
war, stirbt am 1. Mai 1911, vorm. 10¼ Uhr, und wird kraft Gesetzes von seinem Bruder B.
beerbt. Hier ist von dem genannten Augenblick ab das Grundbuch unrichtig, da ja von nun
ab Eigentümer von Hausdorf nicht mehr der tote A., sondern sein Bruder B. ist. Dieser
Unrichtigkeit kann das Grundbuchamt im Wege der Grundbuchberichtigung (s. unten zu 1I)