524 Buch VI. Das Recht der juristischen Personen.
für die Satzungsänderung ist nicht etwa der Stiftungsvorstand, sondern eine
öffentliche Behörde, in Preußen der König (87 I, preuß. V. v. 16. Novemb. 99 851I);
doch soll der Vorstand vor der Anderung wenigstens gutachtlich gehört werden
(87 III.
Beispiele. I. A. hat eine Stiftung zur Unterstützung deutscher Ansiedler in der Provinz
Posen errichtet; nachträglich findet die Regierung, daß solche Stiftungen den nationalen
Frieden in der Provinz stören und also das Gemeinwohl gefährden. Hier kann der König
nach Reichsrecht die Satzung dahin abändern, daß die Stiftung auch polnischen wie deutschen
Ansiedlern in Posen oder deutschen Ansiedlern in Südwestafrika, nicht aber auch, daß sie nur
polnischen Ansiedlern in Posen zugutekomme. II. B. hat eine Stiftung zur Unterstützung
theologischer Studierender aus der Stadt C. errichtet; seit Jahrzehnten hat aber kein An-
gehöriger der Stadt C. Theologie studiert. Hier kann nach Reichsrecht an der Satzung nichts
geändert werden; denn es ist immerhin möglich, daß sich in Zukunft noch ein Bürger von
C. zur Theologie entschließt, und dadurch, daß die Zinsen für diesen Zukunftstheologen auf-
gespart werden, wird das Gemeinwohl nicht gefährdet.
6) Nach preußischem Recht ist eine Satzungsänderung aus jedem noch so
geringfügigen Grunde zulässig, und auch die reichsrechtlich vorgeschriebene
Rücksicht auf den Willen des Stifters ist hier nicht geboten; zuständig ist
aber nicht eine öffentliche Behörde für sich allein, sondern nur sie und der
Stiftungsvorstand zusammen: dieser muß die Anderung beschließen, die Auf-
sichtsbehörde muß sie genehmigen; soll die Zweckbestimmung der Stiftung ge-
ändert werden, so tritt an die Stelle der Genehmigung der Aufsichtsbehörde
die des Königs (preuß. AussGes. 4; preuß. V. v. 16. Nov. 1899 Art. 5 1).
Beispiele. In dem ersten zu a genannten Fall kann in Preußen der Stiftungs-
vorstand mit Genehmigung des Königs beschließen, daß die Stiftung nur zur Unterstützung
polnischer Ansiedler in Posen dienen soll, also Zwecke verfolgt, die denen des Stifters ge-
radezu entgegengesetzt sind. Ebenso kann in dem zweiten dort genannten Fall der Stiftungs-
vorstand mit königlicher Genehmigung die Stistung auch Medizinern aus der Stadt C.
widmen, und zwar selbst dann, wenn es dort an Theologen keineswegs fehlt.
Die Regel zu § wird man vielleicht in der Weise einschränken müssen, daß der Stif-
tungsvorstand die Satungsänderung nur beschließen darf, wenn er pflichtmäßig findet, daß
sie im Interesse der Stiftung liegt; denn er ist nicht Herr, sondern Diener der Stiftung
(s. oben S. 487 8). Doch hat diese Einschränkung kaum einen praktischen Wert.
2. Im übrigen gelten für die Organisation der Stiftung analoge Regeln
wie für die eines eingetragenen Vereins (s. 86); insbesondre gilt dies für die
Frage, wie ein aus mehreren Personen bestehender Vorstand seine Beschlüsse
faßt, wie in dringenden Fällen ein fehlendes Vorstandsmitglied ersetzt, ob dem
Vorstande noch ein andres Organ zur Seite gestellt werden kann usw.
V. Dem Stiftungsvermögen stehn die Stiftungsschulden gegenüber. Es
gelten für sie durchweg analoge Regeln wie für die Schulden eines ein-
getragenen Vereins.
VI. Rechte und Pflichten, die den Mitgliederrechten und Mitglieder-
pflichten bei dem Verein entsprechen, gibt es bei den Stiftungen nicht.5
5) Siehe RG. 61 S. 33.