Siebentes Buch.
Das Familienrecht.“
Einleitung.
§ 310.
I. Das Familienrecht befaßt sich mit zwei verschiedenen Gegenständen,
die miteinander nur in lockerem Zusammenhange stehn: es regelt nämlich einer-
seits die personen= und güterrechtlichen Wirkungen des Verlöbnisses, der Ehe,
der Verwandtschaft und des außerehelichen Geschlechtsverkehrs, soweit sie nicht
dem Erbrecht angehören (Familienrecht im engern Sinn), andrerseits den Rechts-
schutz, der Personen zuteil wird, die ihre Interessen nicht selber wahrzunehmen
imstande sind (Vormundschafts= und Pflegschaftsrecht).
II. Hauptquelle des Familienrechts ist das vierte Buch des bürgerlichen
Gesetzbuchs. Daneben kommen aber noch andre Reichs= und Landesgesetze,
vor allem das Reichsgesetz über die Beurkundung des Personenstandes und die
Eheschließung vom 6. Februar 1875, das Reichsgesetz über die Angelegenheiten
der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 20. Mai 1898, die Zivilprozeßordnung
(namentlich ihre Regeln über die Anfechtung einer Ehe oder der Ehelichkeit
eines Kindes sowie über die Ehescheidung), die Landesgesetze über die sogenannte
Anstaltsvormundschaft usw. in Betracht.
Nicht zu verkennen ist, daß die Zerstreuung der familienrechtlichen Regeln durch die
verschiedensten Gesetze nicht gerade dazu beiträgt, unfre Gesetze volkstümlich zu machen.
Man vergleiche z. B., daß im Be#B. bestimmt ist, „das Aufgebot darf unterbleiben, wenn
die lebensgefährliche Erkrankung eines der Verlobten den Aufschub der Eheschließung nicht
gestattet“" (1316 II), und daß dann ein andres Gesetz zufügt, „der Standesbeamte soll ohne
Aufgebot die Eheschließung nur vornehmen, wenn ihm ärztlich bescheinigt wird, daß die
lebensgefährliche Erkrankung eines der Verlobten den Aufschub der Eheschließung nicht ge-
stattet" (RGes. v. 6. Febr. 1875 8 50).
1) Fränkel, Familienrecht (98); Kommentar zu BGB. Buch IV von Planck-Unzner,
3. Aufl. 1 (06); Staudinger-Engelmann, 5. u. 6. Aufl. (10); Opet u. v. Blume (06, 04);
A. B. Schmidt und Fuchs (seit 07).