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maßgebend. 3. Die Verlobung kann unter der aufschiebenden Bedingung abgeschlossen werden,
daß der Bräutigam sein Examen besteht; der Ausschluß von Bedingungen bei der Ehe-
schließung (1317 I.) ist auf die Verlobung nicht zu übertragen.
III. Das Verlöbnis endigt mit der Eheschließung der Verlobten. Außer-
dem wird es durch den Tod eines Verlobten, durch eine Vereinbarung der
Verlobten sowie dadurch aufgelöst, daß ein Verlobter dem andern mit oder
ohne Grund seinen Rücktritt vom Verlöbnis erklärt.“
IV. 1. Die Hauptwirkung des Verlöbnisses ergibt sich unmittelbar aus
seinem Begriff: sie besteht darin, daß die Verlobten verpflichtet sind, in einer
den Umständen angemessenen Frist miteinander die Ehe einzugehn.
Doch erschöpft sich hierin die Wirkung des Verlöbnisses nicht vollständig. Vielmehr
haben die Verlobten außerdem die Pflicht, ihre künftige Ehe in angemessener Art vorzubereiten.
Daraus folgt, daß die Verlobten schon während des Brautstandes zu einer gewissen Lebens-
gemeinschaft verbunden sind:" ist doch die „bräutliche“ Lebensgemeinschaft zur Vorbereitung
der Ehe oft genug unentbehrlich, da sie die Probe dafür abgeben soll, ob die Verlobten für
die dereinstige „eheliche“ Lebensgemeinschaft taugen.
2. Die aus dem Verlöbnis entspringenden Verpflichtungen sind aber von
zartester Natur. Deshalb gestattet es das Gesetz den Verlobten nicht, einander
auf Erfüllung ihrer Verlobtenpflichten zu verklagen (s. 1297 1), geschweige denn
sie im Wege der Zwangsvollstreckung zu erzwingen (s. ZBPO. 888 II, 894 II).
Ja es ist sogar das Versprechen einer Vertragsstrafe für den Fall, daß ein
Verlobter das Eheversprechen nicht einhält, nichtig (1297 II).
3. a) Trotzdem sind die Verlobtenpflichten wirkliche Rechtspflichten. Denn
wenn einer der Verlobten sie gröblich verletzt und dadurch den andern Ver-
lobten zum Rücktritt vom Verlöbnis bestimmt oder wenn er selber von dem
Verlöbnis zurücktritt, ohne daß sein Rücktritt durch einen wichtigen Grund
gerechtfertigt wird, ist er schadensersatzpflichtig (1298, 1299).“
Beispiele. Eine Braut tritt vom Verlöbnis zurück, weil sie erfährt, daß ihr Bräutigam
vor der Verlobung mit Dirnen verkehrt hat. I. Hier ist die Braut ersatzpflichtig, wenn der
Dirnenverkehr des Bräutigams einer längst vergangenen Zeit angehört; denn hier fehlt es
an einem zureichenden Grunde für den Rücktritt. II. Umgekehrt ist der Bräutigam ersatz-
pflichtig, wenn er den Verkehr mit den Dirnen noch bis zur Verlobung betrieben und trotzdem
der Braut seine Tugendhaftigkeit beteuert hat; denn hier ist der Rücktritt durch eine schwere
Verletzung der Verlobtenpflichten seitens des Bräutigams gerechifertigt. III. Hat endlich der
Bräutigam den Dirnenverkehr bis zur Verlobung betrieben, aber der Braut gleich nach der
Verlobung gebeichtet, so ist weder Bräutigam noch Braut ersatzpflichtig; denn hier ist der
Rücktritt durch einen wichtigen Grund gerechtfertigt, ohne daß der Bräutigam seine Verlobten-
Ppflichten verletzt hätte.
b) Der Schadensersatz, den bei Auflösung des Verlöbnisses einer der
Verlobten zu leisten hat, umfaßt das negative pekuniäre Vertragsinteresse des
andern Verlobten, nämlich den Schaden, den dieser dadurch erleidet, daß er in
Erwartung der Ehe irgendwelche sein Vermögen oder seine Erwerbsstellung
4) Stutz S. 782.
5) Stutz S. 47. Vgl. Dittenberger S. 56, 113.
6) RG. 58 S. 254.