Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

§ 312. Bürgerliche Ehe. 8 313. Form der Eheschließung. 537 
1. Die Verlobten müssen vor einem Standesbeamten (oben Bd. I S. 82) 
unzweideutig erklären, die Ehe miteinander einzugehn; als Standesbeamter im 
Sinn dieser Regel gilt auch derjenige, der öffentlich als Standesbeamter auftritt, 
obschon er in Wahrheit nicht Standesbeamter ist, es sei denn, daß beide Verlobte 
wissen, daß sie einen Nicht-Standesbeamten vor sich haben (1317 I, 1319). 
Beispiele. I. 1. Der Regel zu 1 ist in folgenden Fällen genügt. a) A. will sich mit 
der B. verheiraten; der Standesbeamte C. eröffnet aber dem A., daß die Eheschließung un- 
möglich sei, weil die B. das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet habe; darauf besticht A. 
ohne Vorwissen der B. den Schreiber des C., und dieser nimmt im Amtszimmer C.s die 
Eheschließung entgegen, indem er erklärt, ordnungsmäßiger Stellvertreter C.s zu sein. 
b) D. ist Standesbeamter im Bezirk m; aus Irrtum über die Grenzen seines Bezirks nimmt 
er eine ECheschließung im Nachbarbezirk n entgegen. 2. Der Regel zu 1 wäre nicht genügt, 
wenn beide Brautleute in den eben genannten Fällen gewußt hätten, daß sie es nicht mit 
dem Standesbeamten des Orts zu tun hatten. II. Der Regel zu 1 ist genügt, wenn A. 
und die B. vor dem Standesbeamten erklären, „daß sie sich hiemit verheiraten“, nicht aber 
auch, wenn sie ihm erklären, „daß sie sich verheiraten wollen“. 
2. Die Verlobten müssen ihre Erklärung persönlich und bei gleichzeitiger 
Anwesenheit abgeben; eine Eheschließung durch Vertreter ist unzulässig (1317 0. 
Beispiel. Bräutigam und Braut werden bei einem Brande lebensgesährlich verletzt 
und in verschiedenen Stockwerken des nämlichen Krankenhauses untergebracht. Hier ist, so- 
lange nicht einer von beiden transportfähig wird, die Eheschließung unmöglich, auch wenn die 
ihnen drohende Lebensgefahr eine Beschleunigung der Heiratszeremonie wünschenswert macht. 
3. Die Erklärung darf nicht unter einer Bedingung oder Zeitbestimmung 
abgegeben werden (1317 I). 
Beispiele. I. Die Regel zu 3 ist verletzt, wenn die Braut ihrem Jawort die Bedingung 
zufügt „wenn dieser bürgerlichen Eheschließung später die kirchliche Eheschließung folgt". 
II. Die Regel zu 3 ist nicht verletzt, wenn die Braut ihrem Jawort die Zeitbestimmung 
zufügt, „solange ich lebe“, weil dieser Zusatz selbstverständlich ist. 
4. Der Standesbeamte muß zur Entgegennahme der Erklärung bereit sein 
(1317 1 Satz 2). 
Beispiel. Der Regel zu 4 ist nicht genügt, wenn in dem zweiten zu 3 genannten Fall 
der Standesbeamte sofort erklärt, daß er ein Jawort mit dem Zusatz „solange ich lebe“ als 
unzulässig nicht entgegennehme. 
II. Außerdem sind folgende unwesentliche Formvorschriften aufgestellt. 
1. Als Standesbeamter soll bei der Eheschließung nur der „zuständige" 
mitwirken, d. h. derjenige, in dessen Bezirk entweder der Bräutigam oder die 
Braut den Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthalt hat; unter mehreren 
zuständigen Standesbeamten haben die Verlobten die Wahl; auf Grund einer 
schriftlichen Ermächtigung des zuständigen Standesbeamten darf die Ehe auch 
vor dem Standesbeamten eines andern Bezirks geschlossen werden (1320, 
1321). Daß der Standesbeamte mit den Verlobten verwandt ist, schadet nichts. 
2. Der Standesbeamte soll, ehe er das gleich zu erwähnende Aufgebot 
erläßt, prüfen, ob die Eheschließung zulässig ist. Mit welcher Genauigkeit er 
dabei zu verfahren hat, ist in sein pflichtmäßiges Ermessen gestellt. Nötigen-
	        
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