542 Buch VII. Abschnitt 2. Das Eherecht.
VII. Ausgeschlossen ist die Ehe zwischen einem wegen Ehebruchs geschiedenen
Gatten und demjenigen, mit dem er laut Feststellung des Scheidungsurteils
jenen Ehebruch begangen hat (1312 1). Von dem Eheverbot kann Befreiung
bewilligt werden (1312 II, 1322, 1328 II); zuständig ist in Preußen der
Justizminister (preuß. V. v. 16. Novemb. 1899 Art. 10).
VIII. Eine Frau darf erst zehn Monate nach der Auflösung oder Nichtig-
keitserklärung ihrer früheren Ehe eine neue Ehe eingehn; Grund des Eheverbots
ist, daß, wenn die Frau in den ersten zehn Monaten nach Auflösung der früheren
Ehe niederkommt und vorher bereits eine zweite Ehe eingegangen wäre, die
Vaterschaft ihres Kindes verdunkelt sein würde; deshalb fällt das Gebot fort,
sobald die Frau tatsächlich gebiert (1313 1). Von dem Verbot kann Befreiung
bewilligt werden; zuständig ist in Preußen das Amtsgericht (1313 II, 1322;
preuß. V. v. 16. Novemb. 1899 Art. 11).
IX. Wer ein eheliches Kind hat, das minderjährig ist oder unter seiner
Vormundschaft steht, darf eine Ehe erst eingehn, nachdem ihm das Vormund-
schaftsgericht ein Zeugnis darüber erteilt hat, daß er seinen ihm für diesen
Fall obliegenden gesetzlichen Verpflichtungen in Ansehung der Auseinandersetzung
mit dem Kinde nachgekommen ist (s. 1314).
X. Gewisse Militärpersonen dürfen eine Ehe nur mit Erlaubnis ihrer
Vorgesetzten eingehn (1315 I; RMMil Ges. vom 2. Mai 1874 § 40). Landes-
gesetzlich kann das gleiche auch für Zivilbeamte vorgeschrieben werden; in
Preußen besteht eine solche Vorschrift nicht, wohl aber in Bayern (Preuß.
AussGes. 42; bayr. V. v. 28. Aug. 1868).“
XI. Personen, die im rechtsrheinischen Bayern heimatsberechtigt sind,
dürfen nicht heiraten, wenn ihre Heimatsbehörde ihrer Verheiratung wider-
spricht; der Widerspruch ist natürlich nur aus besondern, gesetzlich bestimmten
Gründen zulässig, namentlich wenn einer der Verlobten binnen der letzten drei
Jahre dreimal wegen Arbeitsscheu, Landstreicherei oder Bettelei bestraft ist
(Bayr. AusfGes. 154 XI, XII; bayr. Heimat Ges. v. 30. Juli 1899 Art. 31 ff.).
XII. Wie der Abschluß andrer Rechtsgeschäfte, so setzt auch die Ein-
gehung einer Ehe voraus, daß keiner der Gatten sich bei der Eheschließung in
einem erheblichen Irrtum befunden hat. Doch gilt ein Irrtum bei der Ehe-
schließung als erheblich nur in den folgenden Fällen:
1. Ein Gatte hat nicht gewußt, daß er eine Ehe eingegangen sei (1332).
2. Ein Gatte hat sich in der Person des andern geirrt (1333).
3. Ein Gatte hat sich über solche Umstände geirrt, die ihn bei Kenntnis
der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe von der
Eingehung der Ehe abgehalten haben würden.“ Hier ist aber zu unterscheiden:
3) Genaueres bei A. Schmidt S. 61.
4) Hölder, Jahrb. f. Dogm. 42 S. 1, Seidlmayer, ebenda 46 S. 183, Litten, Monatsschr.
f. Kriminalpsychologie (04) S. 409.