546 Buch VII. Abschnitt 2. Das Eherecht.
Witwe A.s Miterbin sei. Hier können, solange A. lebt, außer dem Staatsanwalt die Schein-
gatten A. und B. sowie D., nicht aber die C. die Nichtigkeit der zweiten Ehe A.s geltend
machen; nach dem Tode A.s ist auch die C. und ebenso E. dazu berechtigt.
3. a) Die Nichtigkeit der Scheinehe kann anfangs nur streng formell
durch Erhebung einer Nichtigkeitsklage geltend gemacht werden, die, wenn einer
der Scheingatten als Kläger auftritt, gegen den andern Gatten, sonst gegen
beide Gatten zusammen anzustellen ist; Gegenstand dieser Klage ist nur die
Gültigkeit oder Nichtigkeit der Ehe: andre Ansprüche, insbesondre vermögens-
rechtliche, dürfen mit der Klage nicht verfolgt werden (1329, Z PO. 633).
b) Ist die Ehe gerichtlich für nichtig erklärt oder ist sie aufgelöst, so kann ihre
Nichtigkeit formlos, insbesondre durch einen gelegentlich eines vermögensrecht-
lichen Prozesses erhobenen Einwand, geltend gemacht werden (s. 1329).2
Beispiel. In dem zu 2 genannten Fall kann E. in seiner auf Herausgabe des väterlichen
Nachlasses gerichteten Klage die Nichtigkeit der zweiten Ehe seines Vaters behaupten. Da-
gegen kann der von der B. auf Ausstattung verklagte D. die Nichtigkeit der Ehe in dem
Ausstattungsprozeß selbst nicht geltend machen, sondern muß eine besondre Nichtigkeitsklage
anstrengen; natürlich kann er aber beantragen, daß der Ausstattungsprozeß bis zur Erledigung
des Nichtigkeitsprozesses ausgesetzt wird.
4. Eine Frist, binnen deren die Nichtigkeit einer Scheinehe geltend gemacht
werden müßte, besteht nicht.
5. Die Scheinehe gilt als nichtig von Anfang an. Ihre Nichtigkeit be-
ginnt also nicht etwa mit dem Tage, an dem sie durch Urteil für nichtig er-
klärt oder an dem sie aufgelöst wird, sondern mit dem Tage der Eheschließung.
Doch wird diese Regel durch eine Reihe von Ausnahmen durchbrochen.
a) Die erste Ausnahme gilt im Verhältnis der Scheinehegatten unter-
einander: hier steht, wenn bei der Eheschließung die Nichtigkeit der Ehe dem
einen Gatten unbekannt, dem andern Gatten bekannt war, dem ersteren ein
eigentümliches Wahlrecht s zu; er kann nämlich bei der Vermögensauseinander-
setzung zwischen ihm und dem andern Gatten und bei der Festsetzung seiner
Unterhaltsansprüche gegen diesen verlangen, entweder, daß die Ehe der all-
gemeinen Regel gemäß als von Anfang an nichtig angesehn oder aber daß sie
derart behandelt wird, als sei sie anfänglich gültig gewesen, jedoch zur Zeit der
Nichtigkeitserklärung oder der Auflösung geschieden und der andre Gatte für
allein schuldig erklärt (1345).
Beispiel. A. heiratet die B. und demnächst, obschon die Ehe mit der B. noch fort-
besteht, die C.; mit der B. hat er Gütertrennung, mit der C. Gütergemeinschaft vereinbart;
er besitzt 100000 Mk., die C. nichts. Hier kann, wenn die zweite Ehe A.s für nichtig er-
klärt wird, die C. fordern, daß ihr vermögensrechtliches Verhältnis zu A. nicht nach Nichtig-
keits-, sondern nach Scheidungsrecht behandelt wird; dadurch gewinnt sie 50000 Mk. und
das Recht auf lebenslänglichen Unterhalt. Dagegen darf sie nicht, wie es nach Scheidungs-
recht zulässig wäre, den Namen A.s weiterführen, sondern ist auf ihren Mädchennamen be-
schränkt.
2) RG. 59 S. 412.
3) Siehe aber Opet Anm. 7 zu 8 1345, Wieruszowski 2 S. 16 14.