§ 318. Lebensgemeinschaft der Ehegatten. 557
oder auf Antrag der Frau, wenn diese umgekehrt gegen die eheherrliche Gewalt
in Schutz genommen werden soll (1358 I, 1379, 1357 II, 1358 II usw.).
Über die Organisation des Vormundschaftsgerichts s. unten im Vormundschaftsrecht.
— Zuständig ist dasjenige Vormundschaftsgericht, in dessen Bezirk der Ehemann jeweilig
seinen Wohnsitz oder in Ermanglung eines inländischen Wohnsitzes seinen Aufenthalt hat
(R. FG. 45).
Uber das Verfahren vor dem Vormundschaftsgericht und über die Wirkung der von
ihm gefaßten Beschlüsse siehe R. FG. 53, 55 usw.
IV. Das Personenrecht der Ehegatten. 1
8 318.
I. 1. Die Lebensgemeinschaft, die die Gatten in ihren persönlichen An-
gelegenheiten einander schulden, bezieht sich grundsätzlich auf ihre gesamte Lebens-
führung. Doch läßt sich Art und Umfang der Gemeinschaft nicht schablonen-
haft bestimmen. Maßgebend sind vielmehr die Umstände des Einzelfalls und
die Regeln der Sitte (1353 I, II Satz 1).
Beispiele. I. Ein Minister wird durch Amtssorgen seiner Familie entfremdet; mit
seiner Frau kommt er nur bei den Mahlzeiten zusammen und hat auch dann kein Wort für
sie. Hier braucht die Frau mit solcher Lebensgemeinschaft nicht zufrieden zu sein: sie hat
auf den Verkehr mit ihrem Mann einfach ein Recht, auch wenn er Ministersorgen hat; da-
gegen kann sie nicht verlangen, daß der Mann sie an diesen Sorgen teilnehmen läßt; denn
dem steht das Amtsgeheimnis entgegen. II. Eine Ehefrau will auf die Reise, die ihr Mann
nach Italien macht, mitgenommen werden. Hier ist dies Verlangen wohlbegründet; denn
die Lebensgemeinschaft der Gatten gilt auch für die Reise; kann aber der Mann beweisen,
daß seine Mittel eine große Reise zu zweien nicht erlauben, eine kleine Reise aber für seine
Studien oder zu seiner Erholung nicht ausreicht oder daß wegen Kränklichkeit der Frau
deren Begleitung ihm den Reisegenuß verderben würde, ohne daß die Frau selber etwas
von der Reise hätte, so mag er die Frau daheim lassen. III. Der Mann einer hysterischen
Frau kann von dieser fordern, daß sie sich in eine Nervenheilanstalt begibt, um wieder fähig
zu werden, die durch ihr Leiden gestörte eheliche Gemeinschaft von neuem herzustellen.
2. Die Verpflichtung zur persönlichen Lebensgemeinschaft erleidet eine
Anderung, wenn einer der Gatten zur Erhebung der Ehescheidungsklage be-
rechtigt ist oder die Ehescheidungsklage tatsächlich mit oder ohne Recht erhebt.
a) Ist einer der Gatten zur Erhebung der Ehescheidungsklage berechtigt,
so ist er von jener Verpflichtung für seine Person kraft Gesetzes frei, mag er
nun die Klage wirklich erheben oder nicht; die Befreiung dauert aber nur so
lange wie sein Klagerecht (1353 II Satz 2).
b) Hat einer der Gatten die Klage auf Ehescheidung mit oder ohne Recht
tatsächlich erhoben, so kann jene Verpflichtung durch einstweilige Verfügung,
1) Wetzel, Arch. f. B. 26 S. 54.
25 R. 51 S. 185, 59 S. 256; vgl. RG. 71 S. 88.