Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

560 Buch VII. Abschnitt 2. Das Eherecht. 
scheidungen des Mannes grundsätzlich denen der Frau vorgehn, daß aber der 
Mann der Frau einen angemessenen positiven Einfluß auf das Hauswesen 
belassen muß und insbesondre ihre Autorität gegenüber den Kindern und dem 
Gesinde nicht beeinträchtigen darf. Zu einer Vertretung des Mannes ist die 
Frau aber kraft dieser ihrer Schlüsselgewalt in persönlichen Angelegenheiten 
nicht befugt (s. 1357). 
Beispiele. I. Ein Pastor faßt plötzlich den Entschluß, Schauspieler zu werden. Hier 
kann seine Frau keinen Einspruch erheben; denn der Beruf des Mannes gehört nicht zum 
Hauswesen. II. Ein Ehemann mietet eine Magd, der die Frau soeben aus triftigen 
Gründen gekündigt hat, von neuem. Hier braucht die Frau sich diese Kränkung nicht ge- 
fallen zu lassen. 
3. Die Gewalt, die jedem Gatten in der persönlichen Lebensgemeinschaft zukommt, ge- 
bührt ihm auch dann, wenn er in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist; dagegen ruht die Ge- 
walt, wenn er seine Geschäftsfähigkeit völlig einbüßt; die Eltern oder der Vormund des 
Gatten haben mit der Ausübung der Gewalt weder hier noch dort etwas zu tun (s. 1358 
III.: 3PO. 612). 
III. 1. Die Ehegatten sind verpflichtet, einander den erforderlichen Unter- 
halt zu gewähren. 
a) Der Unterhaltsanspruch der Frau gegenüber dem Mann setzt auf seiten 
der Frau keinerlei Bedürftigkeit voraus: er gilt also auch dann, wenn die Frau 
in der Lage ist, sich ihren Unterhalt selber zu verdienen, oder wenn sie zu- 
reichendes eignes Vermögen besitzt; dagegen greift der Unterhaltsanspruch des 
Mannes gegenüber der Frau nur Platz, wenn der Mann außerstande ist, sich 
selber zu unterhalten (1360 I, II). 
b) Der Unterhaltsanspruch jedes Gatten setzt die Leistungsfähigkeit des 
andern Gatten voraus: Mann und Frau sind also nicht schlechthin, sondern 
nur nach Maßgabe ihrer Erwerbsfähigkeit und ihres Vermögens unterhalts- 
pflichtig; doch darf der pflichtige Gatte bei Feststellung seiner Leistungsfähig- 
keit von seinen Einnahmen nicht etwa dasjenige, was er für seinen eignen 
Unterhalt bedarf, vorweg abziehn, sondern muß alles, was er hat oder zu 
verwerten vermag, mit dem andern Gatten gleichmäßig teilen (1360 I, U).5 
c) Soweit es die Leistungsfähigkeit des pflichtigen Gatten erlaubt, kann 
der berechtigte Gatte denjenigen Unterhalt beanspruchen, der dem gemeinsamen 
Stande der Gatten enspricht; nur wenn Gründe vorliegen, wegen deren ihm 
von dem andern Gatten der Pflichtteil entzogen werden kann, muß er sich mit 
notdürftigem Unterhalt begnügen (1360, 1611 II); zum Unterhalt gehört auch 
die Gewährung von Wohnung, Heizung, Kleidung usw. 
4) Der Unterhalt ist in der durch die Lebensgemeinschaft der Gatten ge- 
botenen Weise zu gewähren (1360 III Satz 1), also regelmäßig innerhalb des 
gemeinsamen Haushalts und, soweit nicht die Gewährung eines Wirtschafts- 
oder Taschengeldes angemessen erscheint, in Natur. 
8) RG. 57 S. 71. 
9) Wieruszowski 1 S. 68.
	        
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