566 Buch VII. Abschnitt 2. Das Eherecht.
ihnen geltenden gesetzlichen oder vertragsmäßigen Güterstandes unberührt läßt,
also wenn etwa zwischen den Gatten Verwaltungsgemeinschaft gilt und die
Frau dem Mann ein Darlehn gibt oder der Mann der Frau zu dem ein-
gebrachten Gut eine Schenkung macht: derartige Verträge unterliegen dem
allgemeinen Vertragsrecht, bedürfen also der Form von Eheverträgen nicht.
Doch gilt für Schenkungen, die die Gatten einander während des Brautstandes
oder der Ehe gemacht haben, die Besonderheit, daß sie vom Geber widerrufen
werden könneu, wenn die Ehe der Gatten geschieden und dabei der Beschenkte
allein für schuldig erklärt wird; der Widerruf ist ausgeschlossen, wenn seit
Scheidung der Ehe ein Jahr verstrichen oder wenn einer der Gatten gestorben
ist (1584, 1586).2
II. 1. Die große Mannigfaltigkeit der gesetzlichen und vertragsmäßigen
Güterstände hat zur Folge, daß die Rolle, die in den Vermögensangelegen-
heiten der Gatten kraft der eheherrlichen Gewalt dem Ehemann zufällt, sehr
verschiedenartig bestimmt ist: den größten Einfluß hat er bei der allgemeinen
Gütergemeinschaft, den geringsten bei der Gütertrennung.
2. Dagegen wird die Rolle, die in den Vermögensangelegenheiten der
Gatten kraft der ehefräulichen Schlüsselgewalt der Ehefrau zugeteilt ist, durch
die Verschiedenheit der Güterstände nicht berührt.
a) Wie die personenrechtliche, so ist auch die vermögensrechtliche Schlüssel-
gewalt der Frau auf das „Hauswesen“ beschränkt und der eheherrlichen Ober-
leitung untergeordnet: ihr Inhalt ist, daß in allen Vermögensangelegenheiten
die Frau dem Hauswesen unter der Oberleitung des Mannes vorzustehn hat
(1356 10). Und zwar kommt es darauf nicht an, ob die Angelegenheit das
gemeinschaftliche Vermögen beider Gatten oder das getrennte Vermögen des
Mannes oder das getrennte Vermögen der Frau betrifft.
b) Anders als die personenrechtliche enthält die vermögensrechtliche Schlüssel-
gewalt der Frau die Befugnis, den Mann rechtsgeschäftlich zu vertreten. Ja
es gilt sogar als Regel, daß die Frau, wenn sie ein in den Bereich ihrer
Schlüsselgewalt fallendes Rechtsgeschäft vornimmt, von dieser ihrer Vertretungs-
macht tatsächlich Gebrauch macht: demnach wird als selbstverständlich unter-
stellt, daß sie derartige Rechtsgeschäfte als Stellvertreterin des Mannes, in
dessen Namen, abgeschlossen hat, es sei denn, daß sich aus den Umständen ein
andres ergibt (1357 1). Doch ist der Mann befugt, die Vertretungsmacht der
Frau beliebig auszuschließen oder zu beschränken; das Vormundschaftsgericht
kann aber eine derartige Bestimmung des Mannes auf Antrag der Frau auf-
heben, wenn sie nach Lage des Einzelfalls die Schlüsselgewalt der Frau un-
billig beeinträchtigt (1357 II; R. FG. 53, 60 Nr. 6).
Beispiele. I. Die Frau eines Kaufmanns nimmt eine dringliche geschäftliche Offerte
namens ihres schwererkrankten Mannes an. Hier ist die Annahme ungültig, weil sie nicht
2) RG. 58 S. 382.
3) R. 60 S. 15.