574 Buch VII. Abschnitt 2. Das Eherecht.
lich unbeschadet der Rechte Dritter. Der Mann kann sich den ihm gebührenden
Besitz sogar eigenmächtig verschaffen, selbst gegen den ausdrücklichen Wider-
spruch der Frau; doch ist das streitig.1
2. Die Frau muß sich dagegen mit dem mittelbaren Besitz ihres Ein-
gebrachten begnügen.?
II. Die Nutznießung des eingebrachten Guts gebührt gleichfalls dem
Mann.
1. a) Demgemäß ist der Mann befugt, alle zum eingebrachten Gut ge-
hörigen Gegenstände persönlich zu gebrauchen und, wenn sie von Natur ver-
brauchbar sind, sogar zu verbrauchen; er darf hierbei eigennützig verfahren,
also bei Gebrauch und Verbrauch seine einseitigen, der Ehefrau fremden Inter-
essen mit berücksichtigen; nur das bare Geld der Frau ist seiner egoistischen
Benutzung entzogen (1377 III Satz 1, 11).
b) Demgemäß gehören, wie schon früher bemerkt, die Früchte des ein-
gebrachten Frauenguts dem Mann; und zwar vollzieht sich sein Fruchterwerb
nach den für den Nießbrauch geltenden Regeln (1383): insbesondre erwirbt der
Mann die natürlichen Früchte des eingebrachten Frauenguts mit der Trennung,
die Zinsen mit der Fälligkeit.
2. Die Frau nimmt an dem Gebrauch und Verbrauch ihres eingebrachten
Guts, obschon es ihr doch allein gehört, nur insofern teil, als es die perfön-
liche Lebensgemeinschaft mit dem Mann und ihre Schlüsselgewalt mit sich
bringt. Von dem Erwerbe der Früchte ihres Eingebrachten ist sie gänzlich
ausgeschlossen.
Beispiele. I. Eine Ehefrau bekommt von ihrem Vater zu Weihnachten ein Klavier
geschenkt; alsbald nimmt der Mann das Klavier in Benutzung und verbietet der Frau
wegen ihrer mangelhaften musikalischen Begabung jeden Mitgebrauch. Hier ist der Mann
vollkommen im Recht, es müßte denn sein, daß der Vater das Klavier der Tochter aus-
schließlich zum persönlichen Gebrauch geschenkt hat (1366). II. Eine Frau bringt bei
ihrer Verheiratung am 1. März 400000 Mk. preußische dreiprozentige Konsols samt den
am 1. April fälligen Zinsscheinen über 6000 Mk. in die Ehe. Hier steht bis zum 31. März
das Eigentum der Zinsscheine der Frau zu; am 1. April geht es auf den Mann über.
Doch ist der Mann obligatorisch verpflichtet, der Frau für den bis zum 1. März verstrichenen
Teil der halbjährigen Zinsperiode mit 5000 Mark Ersatz zu leisten; denn im Verhältnis
zwischen den Gatten beginnt das ehemännliche Nutzungsrecht erst am 1. März.
III. Die tatsächliche (d. h. nicht auf rechtsgeschäftlicher Verfügung be-
ruhende) Verwaltung des eingebrachten Frauenguts gebührt sowohl dem Mann
wie der Frau.
1. Der Mann hat bei der tatsächlichen Verwaltung des eingebrachten
Frauenguts freie Hand: anders als ein Nießbraucher ist er nicht einmal an
die bisherige wirtschaftliche Bestimmung der seiner Verwaltung unterliegenden
1) Crome 4 S. 288 ½. Abw. Planck-Unzner und A. Schmidt zu § 1373; Endemann 2
§ 176 1:; Ortmann, Jahrb. für Dogm. 44 S. 208; Staudinger-Engelmann Anm. 2 zu
§ 1373.
2) Ortmann a. a. O. S. 214, Ullmann, Arch. f. BR. 22 S. 110, Endemann 2 8§ 176 1½1.