610 Buch VII. Abschnitt 2. Das Eherecht.
druck Sondergut (Propergut) vor. Die Sondergüter umfassen zunächst
das gesamte Vermögen, das einem der Eheleute bei Eintritt der Errungen-
schaftsgemeinschaft gehörte (1620), mit einziger Ausnahme der Stücke, die durch
Ehevertrag für Vorbehaltsgut der Frau erklärt sind. Außerdem fallen ihnen
aus dem später erworbenen und nicht dem ehefräulichen Vorbehaltsgut zu-
geteilten Vermögen folgende Bestandteile zu.
a) Alles, was die Eheleute nicht „errungen", sondern mühelos durch Erb-
folge, durch Vermächtnis, als Pflichtteil, durch Schenkung oder als Ausstattung
erwerben (1521 Satz 1).
Dem Erwerbe durch Erbfolge gleichgestellt ist ein „Erwerb mit Rücksicht auf ein
künftiges Erbrecht“. Hierbei ist namentlich an die bäuerlichen Altenteilsverträge zu denken,
durch die der „junge“ Bauer sein künftiges Erbteil gegen die Verpflichtung zu gewissen
Gegenleistungen schon bei Lebzeiten des „alten“ Bauern übernimmt.
Nicht zum Sondergut, sondern zum Gesamtgut gehört ein Erwerb, „der den Um-
ständen nach zu den Einkünften zu rechnen ist“ (1521 Satz 2), z. B. eine Zulage, die die
Eltern der Frau ihrer Tochter freiwillig oder vertragsmäßig geben.
6) Rechte, die unveräußerlich oder unvererblich sind oder deren Erwerb
durch den Tod eines Gatten bedingt ist (1522), namentlich der Anspruch auf
Dienstleistungen, auf Leibrenten, auf Lebensversicherungssummen.
)) Alles, was durch Ehevertrag für Sondergut erklärt ist (1523).
) Alles, was ein Gatte auf Grund eines zu dem Sondergut gehörigen
Rechts oder als Ersatz für eine Schmälerung des Sonderguts oder durch
ein auf das Sondergut bezügliches Rechtsgeschäft erwirbt (1524 1 Satz 1).
Eine Ausnahme gilt aber für die Nutzungen des Sonderguts: sie fallen in
das Gesamtgut und pflegen sogar zu dessen Hauptbestandteilen zu zählen
(1525 1).
Ein wichtiges Beispiel ist das Beamtengehalt bis zum Betrage von 1500 Mark: so-
lange es aussteht, ist der Anspruch darauf unpfändbar, also unübertragbar (400; 3PO.
850 1 Nr. 8), also Sondergut; sobald es ausbezahlt ist, gehört der gezahlte Betrag als
Nutzung des Sonderguts zum Gesamtgut. Freilich klingt es seltsam, daß das Gehalt des
Mannes als „Nutzung“ seines Sonderguts aufgefaßt werden soll. Indes ergibt sich die
Richtigkeit dieser Auffassung aus der Analogie der für die Leibrenten geltenden Bestim-
mungen — das Leibrentenrecht als Ganzes ist Sondergut, die einzelne fällige Leibrente ist
Gesamtgut (1525, 1383, 1073) — sowie daraus, daß die Errungenschaftsgemeinschaft er-
sichtlich darauf ausgeht, alle „Einkünfte“ der Gatten gemeinsam zu machen (s. 1521 Satz 2).
c) Vorbehaltsgut der Frau ist, wie bei der allgemeinen Gütergemein-
schaft, nur, was durch Ehevertrag oder Zuwendung Dritter dafür erklärt oder
später durch ein zum Vorbehaltsgut gehöriges Recht oder als Ersatz für eine
Schmälerung des Vorbehaltsguts oder durch ein auf das Vorbehaltsgut bezüg-
liches Rechtsgeschäft von der Frau erworben ist (1526 1).
2. Entsteht ein Streit über die Abgrenzung des Gesamtguts einer= und
der Sondergüter und des Vorbehaltsguts andrerseits, so spricht die Vermutung
für das Gesamtgut; dagegen gelten, wenn es sich um die Abgrenzung des ehe-
männlichen Sonderguts von dem ehefräulichen Sonder= und Vorbehaltsgut