612 Buch VII. Abschnitt 2. Das Eherecht.
wenn das Rechtsgeschäft oder der Prozeß nach den für die allgemeine Güter-
gemeinschaft geltenden Regeln auch gegen das Gesamtgut wirksam ist (1532).
Beispiel. Eine Ehefrau, die kraft subsidiären kognatischen Erbrechts Besitzerin eines
großen Familienfideikommisses geworden ist und mit ihrem Ehemann Errungenschaftsgemein-
schaft vereinbart bat, überfährt mit ihrem Velozipede ein Kind und macht es zum Krüppel.
Hier haftet für ihre Schadensersatzpflicht weder das Gut, weil es als Fideikommiß unver-
äußerlich ist, noch der Gutsertrag, weil er durch die Errungenschaftsgemeinschaft dem Zugriff
ihrer Deliktsgläubiger entzogen ist. Hätte der Mann den Unfall verschuldet, so hätte dem
Kinde der Ertrag der Güter zur Verfügung gestanden!
2. Wie bei der allgemeinen Gütergemeinschaft können gewisse Gesamt-
gutsschulden, während sie im Verhältnis zu den Gläubigern das Gesamtgut ver-
haften, im Verhältnis der Gatten zueinander dem getrennten Vermögen eines
von ihnen zur Last fallen. Die Bestimmung der hierher gehörigen Schulden
ist aber nicht die gleiche wie bei der allgemeinen Gütergemeinschaft. Vielmehr
fallen regelmäßig die vorehelichen Schulden des Mannes nur dem getrennten
Vermögen des Mannes, die Schulden, die sich auf das Sondergut der Frau
beziehn, nur dem getrennten Vermögen der Frau zur Last, während sie bei
der allgemeinen Gütergemeinschaft das Gesamtgut belasten (s. 1535—1538).
3. Die Sonderschulden der Frau werden wie bei der Verwaltungsgemein-
schaft behandelt; insbesondre haben wir Vollschulden der Frau, die im Ver-
hältnis zum Mann gegen das Sondergut unbeschränkt wirksam sind, und
beschränkt wirksame Schulden, die gegen das Sondergut höchstens in der Höhe
seiner Bereicherung wirken, im übrigen aber nur das Vorbehaltsgut verhaften,
zu unterscheiden (1525 II, 1526 III, 1411—1414, 1399 1).
4. Zur Zwangsvollstreckung in das Gesamtgut und in das Sondergut des Mannes
ist ein vollstreckbarer Titel gegen den Mann, zur Zwangsvollstreckung in das Vorbehaltsgut
der Frau ist ein vollstreckbarer Titel gegen die Frau erforderlich und genügend; zur Zwangs-
vollstreckung in das Sondergut der Frau bedarf es eines vollstreckbaren Titels gegen beide
Gatten (8O. 740, 739).
5. Wegen des Konkurses über das Vermögen der Eheleute s. Konkrdn. 2.
IV. Betreibt die Frau selbständig ein Erwerbsgeschäft und hat der Mann
in diesen Betrieb eingewilligt oder ihn wissentlich geduldet, so gelten analoge
Regeln wie bei der Verwaltungsgemeinschaft und der allgemeinen Gütergemein-
schaft; der in dem Betriebe gemachte Erwerb fällt, wenn nichts andres aus-
gemacht ist, ins Gesamtgut (1519 II, 1452, 1525 II, 1405, 1524 1 Satz 2).
Zu beachten ist, daß, wie bei der allgemeinen Gütergemeinschaft, die geschäftlichen
Schulden zweiseitige Gesamtgutsschulden sind, also das Gesamtgut und das getrennte Ver-
mögen beider Gatten verhaften, selbst wenn der Ertrag des Geschäfts vertragsmäßig der
Frau vorbehalten ist. Das gilt auch für gesetzliche Verpflichtungen der Frau, die „infolge
eines ihr zustehenden Rechts oder des Besitzes einer ihr gehörenden Sache entstehn, wenn
das Recht oder die Sache zu ihrem Erwerbsgeschäft gehört“ (1533), z. B. für die Gebäude-
steuer eines zu ihrem Vorbehaltsgut gehörigen Hauses. Ein gleiches gilt analog für Delikts-
schulden der Frau, die in ihren Geschäftsbetrieb fallen.
V. 1. Die Errungenschaftsgemeinschaft wird in gleicher Art wie die Ver-
waltungsgemeinschaft aufgehoben (1542—1544); insbesondre endigt sie durch