§ 338. Anfechtung der Ehelichkeit eines Kindes. 629
seine Ehefrau im 6. Monat ihrer Ehe gebiert, freudig als das seinige an; bald darauf stellt
sich aber heraus, daß Frau B. ihren Mann zu seinem Anerkenntnis durch arglistige Täuschung
veranlaßt hat; denn in Wirklichkeit war sie bereits schwanger, als sie dem B. die erste Bei-
wohnung gestattete. Hier kann B. die Ehelichkeit des Kindes gleichfalls anfechten; denn seine
Vaterschaft ist „offenbar unmöglich“, und auch sein Anerkenntnis ist kein Hindernis für ihn,
weil er es wegen Betruges anfechten kann. Dagegen ist, wenn B. stirbt, bevor er die An-
fechtung erhoben hat, eine Anfechtung von andrer Seite nicht mehr zulässig; denn B. hat
ja das Anfechtungsrecht bezüglich der Ehelichkeit des Kindes durch das Anerkenntnis verloren;
das Anfechtungsrecht bezüglich des Anerkenninisses aber geht nicht auf seine Erben über.2
III. C. hat als Siebzigjähriger die D. am 3. Mai 1900 geheiratet und ihr nach der Heirat
tatsächlich beigewohnt; am 6. Mai entdeckt er indes, daß die D. ein ehebrecherisches Ver-
hältnis mit E. hat, und verstößt sie; am 1. November 1900 gebiert die D. ein Kind, das, je
älter es wird, immer größere Ahnlichkeit mit E. verrät. Hier hat C. kein Anfechtungsrecht;
denn daß er der D. in der Empfängniszeit (vom 3. Januar bis 4. Mai) beigewohnt hat,
steht ja fest; daß aber seine Vaterschaft wegen seines hohen Alters, wegen des Ehebruchs
der D. und wegen der Ahnlichkeit des Kindes mit dem E. „offenbar unmöglich“ sei, läßt
sich nicht behaupten. Anders würde der Fall liegen, wenn das Kind seiner Körperbeschaffenheit
nach schon im März empfangen sein muß,? während C. seinen geschlechtlichen Umgang mit
der D. erst am 3. Mai begonnen hat. IV. Die F. ist im März von ihrem Mann G.
geschieden; auf Grund einer ihr erteilten Befreiung heiratet sie im Sepiember den H.; am
1. November kommt sie nieder; nach Lage des Falls ist es aus irgendwelchen Gründen offenbar
unmöglich, daß G. der Vater des Kindes ist. Hier kann G. das Kind nach Gutdünken für
sich beanspruchen, indem er es als das seinige anerkennt; er kann es aber auch dem H. zu-
schieben, indem er seine eigne Vaterschaft sorm= und fristgerecht bestreitet. V. Bei der Be-
erbung des J. treten als Erben sein Sohn erster Ehe K. und seine angebliche Tochter zweiter
Ehe L. auf; K. bestreitet aber das Erbrecht der L., da sie gar nicht das Kind der zweiten Frau
seines Vaters, sondern von ihr untergeschoben sei. Dies Bestreiten ist zulässig, auch wenn J.
die L. ausdrücklich als seine Tochter anerkannt hat: denn alle Regeln dieses Paragraphen haben
auf untergeschobene Kinder keinen Bezug. VI. Frau M. kommt vier Wochen nach ihrer Heirat
nieder; gleich darauf stirbt ihr Mann; ob sie vor der Heirat mit ihm geschlechtlich verkehrt
hat, läßt sich nicht feststellen. Hier gilt das Kind als unehelich, wenn der Mann die Ehelich-
keit angesochten hat; andernsalls gilt es als ehelich. Denn die Vermutung für den vorehe-
lichen Geschlechtsverkehr der Ehegatten gilt ja nur, wenn M. die Anfechtung unterlassen hat.“
II. Beginn und Ende der ehelichen Kindschaft.
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I. Die eheliche Kindschaft beginnt mit der Geburt des Kindes. Doch
können unter Umständen einzelne ihrer Wirkungen bereits in der Zeit zwischen
der Empsängnis und der Geburt des Kindes eintreten.
II. Die eheliche Kindschaft endigt erst mit dem Tode der Eltern oder des
Kindes. Das feste Rechtsband, das beide umschlingt, kann also durch alle Ver-
änderungen, die die Beziehungen zwischen Eltern und Kind im Lauf der Zeit
notwendig erleiden, zwar gelockert, nicht aber zerrissen werden.
2) Planck-Unzner Anm. 1c zu § 1599.
3) Abw. Endemann 2 § 194 20.
4) Staudinger-Engelmann S. 744.