§ 180. Offentlicher Glaube, Vermutung der Richtigkeit des Grundbuchs. 45
aber, wenn er, wie hier, auf Antrag eines Unberechtigten eingetragen ist. Demnach erlangt
Cdem Widerspruch zum Trotz das Eigentum des Hauses, es sei denn, daß er die Unrichtig-
keit des Grundbuchs in andrer Art erfahren hat.
2. Die Vermutung der Richtigkeit des Grundbuchs bedeutet,
daß der Inhalt des Grundbuchs so lange als richtig gilt, bis der Gegenbeweis
der Unrichtigkeit erbracht wird. Damit wird der im vorigen Paragraphen
festgestellte Satz, daß bei einem Widerstreit zwischen materiellem Recht und
Grundbuch das erstere den Vorrang habe, lediglich bestätigt: soweit statt der
Fiktion der Unfehlbarkeit die Vermutung der Richtigkeit des Grundbuchs reicht,
siegt, wenn materielles Recht und Grundbuch nachweislich nicht in Einklang
stehn, das materielle Recht.
a) Die Vermutung hat ein weites Anwendungsgebiet: sie greift immer
Platz, wenn jemand sich auf den Inhalt des Grundbuchs beruft, ohne daß ihm
die Fiktion der Unfehlbarkeit des Grundbuchs zur Seite steht. Insbesondre ist
sie wichtig, wenn in ein eingetragenes Buchrecht die Zwangsvollstreckung be-
trieben werden soll, wenn auf Grund eines eingetragenen Buchrechts ein An-
spruch von dem Rechtsinhaber oder gegen ihn geltend gemacht wird usw.
Beispiele. I. A. ist fälschlich als Eigentümer des Hauses z eingetragen; nun erwerben
seine Gläubiger B. und C., ohne die Unrichtigkeit des Grundbuchs zu kennen, Hypotheken
an dem Hause, B. durch eine rechtsgeschäftliche Bestellung seitens des A., C. im Wege der
Zwangsvollstreckung gegen A. Hier sind zunächst beide Hypotheken als gültig zu behandeln;
sobald aber festgestellt wird, daß A. in Wahrheit gar nicht Eigentümer von x ist, ist damit
zugleich die Ungültigkeit der Hypothek des C. entschieden, während die Hypothek des B. auch
fernerhin wirksam bleibt. II. In dem oben S. 40 b genannten ersten Fall steht die Hypothek
bes C. in Höhe von 8000 Mk. zwar nicht unter dem Schutz der Fiktion der Unfehlbarkeit, aber
doch unter dem Schutz der Vermutung der Richtigkeit des Grundbuchs; C. kann also bei
Fälligkeit von dem Grundstückseigentümer die Bezahlung auch jener 8000 Mk. so lange fordern,
bis dieser den Nachweis erbringt, daß und warum die Hypothek nur in Höhe von 12000 Mk.
gültig zustande gekommen ist.
b) Die Vermutung bezieht sich auf den Zeitpunkt, in dem sie zur Ent-
scheidung eines Streits angewendet werden soll. Sie kann deshalb in jedem
Augenblick, sogar mitten in einem Prozeß in ihr Gegenteil umschlagen; denn
sobald eine Grundbuchberichtigung erfolgt, spricht die Vermutung für den neuen
berichtigten Grundbuchinhalt, mag es sich auch um Rechtsverhältnisse handeln,
die schon vor der Berichtigung entstanden sein sollen oder gar schon vor der
Berichtigung rechtshängig geworden sind.
Beispiel. A. klagt aus einer auf seinen Namen eingetragenen Hypothek gegen den
Grurdstückseigentümer B. rückständige Hypothekenzinsen ein; B. wird in erster Instanz ver-
mteilt, legt aber Berufung ein; nunmehr wird ohne jedes Zutun B.s im Wege der Grund-
luchberichtigung eingetragen, daß die Hypothek in Wahrheit nicht dem A., sondern dem C. zu-
steht. Hier sprach in einem und demselben Prozeß die Vermutung während der ersten Instanz
für, während der zweiten Instanz gegen A.3 Gläubigerschaft.
c) Die Vermutung „gilt“ absolut, „wirkt“ aber nur relativ.
#) Sie „gilt“ absolut; denn jedermann kann sich zu seinen Gunsten auf
sie berusen, und jedermann muß sie zu seinen Ungunsten gegen sich gelten lassen.