Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

§ 341. Vertretung der Kinder in persönlichen Angelegenheiten. 639 
Beispiel. Die elterliche Ehe ist geschieden und der Vater allein für schuldig erklärt. 
Hier steht die elterliche Gewalt über die Kinder allein dem Vater, die Sorge für die Person 
der Kinder allein der Mutter zu. 
Zu beachten ist, daß zahlreiche Regeln des BGB. die Sorge der Eltern für die Person 
ihrer Kinder nur insoweit treffen, als diese Sorge mit der elterlichen Gewalt über die 
Kinder verbunden ist. Doch ist nicht zu bezweifeln, daß die meisten jener Regeln, z. B. 
1626, 1680, auch auf die von der elterlichen Gewalt getrennte Sorge analog anzuwenden sind.“ 
II. Der Sorge für die Person der Kinder nahe steht die Macht der 
Eltern, die Kinder in deren persönlichen Angelegenheiten zu vertreten. 
1. Diese Vertretungsmacht hat einen sehr mannigfachen Inhalt: sie um- 
faßt den Fall, daß der Vater als gesetzlicher Vertreter einer minderjährigen 
Dochter in deren Eheschließung willigt (1304), daß er im Namen eines Kindes 
Strafanträge wegen Beleidigung stellt (Straf Ges B. 65), daß er für sich und 
seine Kinder die Entlassung aus der Zugehörigkeit zu einem deutschen Staat 
beantragt (EG. 41 II) usw. Doch sind ihr manche Schranken gesetzt: 
a) Bei gewissen Rechtshandlungen versagt die Vertretungsmacht ganz. 
Beispiel. Der Vater ist nicht befugt, namens seiner minderjährigen von ihrem Ehe- 
mann böslich verlassenen Tochter den Ehemann auf Herstellung des ehelichen Lebens zu 
verklagen (8#O. 612 ID. 
b) Bei gewissen Rechtshandlungen kann die Vertretungsmacht nicht 
so geltend gemacht werden, daß die Eltern statt des Kindes handeln, sondern 
nur so, daß das Kind selber tätig wird und die Eitern ihre Zustimmung 
erklären. 
Beispiel. Die Eheschließung sowie die Adoption eines mehr als vierzehnjährigen 
Kindes (1317, 1304, 1750 I, 1751 I). 
I) Bei gewissen Rechtshandlungen greift die elterliche Vertretungsmacht 
nur Platz, wenn das zu vertretende Kind geschäftsunfähig ist, und darf meistens 
bloß mit besondrer Ermächtigung des Vormundschaftsgerichts geltend gemacht 
werden; dagegen muß ein beschränkt geschöftsfähiges Kind die Handlung selber 
vornehmen und bedarf der Genehmigung der Eltern und des Vormundschafts- 
gerichts nicht. 
Beispiel. Die Anfechtung einer Ehe wegen Irrtums sowie die Erhebung einer Ehe- 
scheidungsklage (1336; 3PO. 612). 
2. Die elterliche Befugnis, die Kinder in ihren persönlichen Angelegen- 
heiten zu vertreten, steht aueschließlich demjenigen der Eltern zu, der mit der 
elterlichen Gewalt über die Kinder ausgestattet ist (1627, 1630, 1686), während 
darauf, ob ihm auch die Sorge für die Person der Kinder übertragen ist, 
nichts ankommt! Hieraus ergeben sich folgende drei Sätze: 
a) Solange die elterliche Ehe besteht, hat die Mutter die Sorge für die 
Person der Kinder fortdauernd neben dem Vater zu tragen; dagegen ist die 
Macht, die Kinder in ihren persönlichen Angelegenheiten zu vertreten, regel- 
6) Ubereinstimmend Planck-Unzner, Anmerkung 3 zu 1696. 
Cosad, Bürgerl. Recht. 5. Aufl. II. 41
	        
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