Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

8 346. Verfügungen des Vaters über das Hausgut des Kindes. 651 
2. Bei gewissen Rechtsgeschäften kann die Vertretungsmacht des Vaters nicht 
so geltend gemacht werden, daß der Vater statt des Kindes handelt, sondern 
nur so, daß das Kind selber tätig wird und der Vater seine Zustimmung 
erklärt. 
Beispiel: Erbverträge unter Ehegatten (2274, 2275 I). 
3. a) Auf gewisse Rechtsgeschäfte erstreckt sich die Vertretungsmacht des 
Vaters nur dann, wenn das Vormundschaftsgericht deren Vornahme besonders 
genehmigt hat. Als derartige dem Vater nur in Gemeinschaft mit dem 
Gericht freigegebene Geschäfte führt das Gesetz (1643, 1821, 1822) die fol- 
genden auf: 
a) Sämtliche Verfügungen über Grundstücke und über Rechte an Grund- 
stücken; diesen Verfügungen gleichgestellt sind Rechtsgeschäfte, durch die der 
Vater sich oder das Kind zur Vornahme einer solchen Verfügung obligatorisch 
verpflichtet; ausgenommen sind Verfügungen über Grundstückepfandrechte und 
die Uberlassung von Grundstücken an einen Mieter oder Pächter, wofür be- 
sondre Regeln gelten (1643 I, 1821 1 Nr. 1, 3, II, 1822 Nr. 5). 
Beispiele. I. Das Vermögen des minderjährigen A. besteht aus einem Häuschen im 
Wert von 12000 Mék., zu dem ein Traufrecht an einem Nachbargarten gehört, und einer 
Hypothek von 100000 Mk. auf dem Landgut des B.; nun will A.s Vater erstens das 
Häuschen mit einer Hypothek von 2000 Mk. belasten, zweitens auf das Traufrecht gegen 
eine Entschädigung Verzicht leisten, drittens die Hypothek dem C. käuflich abtreten und viertens 
für den hierbei erlösten Preis dem A. ein neues Haus kaufen. Hier bedarf der Vater der 
Genehmigung des Gerichis für das erste und zweite, nicht aber auch für das dritie und 
vierte Geschäft. II. Wenn der Vater das Haus des A. ohne Genehmigung des Gerichts dem 
D. verkaust und aufläßt, ist nicht bloß die Auflassung, sondern auch der Verkauf unwirksam. 
Den Verfügungen über Grundstücke und Rechte daran sind Verfügungen über 
Forderungen gleickhgestellt, die auf die überrragung des Eigentums an einem Grundstück oder 
auf die Begründung oder Übertragung eines Rechts an einem Grundstück oder auf die Be- 
freiung eines Grundstücks von einem solchen Recht gerichtet sind; die Ausnahme des Grund- 
stückepfandrechts gilt auch hier (1643 I, 18-1 1I Nr. 2, II). Beispiel: A.# Vater, der für seinen 
Sohn von B. ein Haus gekauft hat, will diesen Kauf, noch ehe die Auflassung an ihn er- 
folgt, im Einverständnis mit B. rückgängig machen; hier braucht der Vater die Genehmigung 
des Gerichts zwar nicht für den Kauf, wohl aber für dessen Rückgängigmachung. 
6) Verfügungen über den Anteil des Kindes an einer Erbschaft, unter 
Umständen auch die Ausschlagung einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses 
sowie der Verzicht auf einen Pflichtteil (s. 1643 I, II, 1822 Nr. 1). 
0) Rechtsgeschäfte, durch die das Kind zu einer Verfügung über sein Ver- 
mögen im ganzen oder über eine ihm angefallene Erbschaft oder über seinen 
künstigen gesetzlichen Erbteil oder Pflichtteil obligatorisch verpflichtet wird (1643 I, 
1822 Nr. 1). 
) Mietverträge, die sich über das 22. Lebensjahr des Kindes erstrecken 
sollen, gleichgültig ob sie Grundstücke oder Fahrnissachen betreffen und ob das 
Kind die Rolle des Vermieters oder Mieters einnimmt; den Mietverträgen 
stehn Pachtverträge sowie sonstige Verträge, durch die das Kind zu wieder- 
kehrenden Leistungen verpflichtet wird, gleich (1643 I, 1822 Nr. 5).
	        
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