654 Buch VII. Abschnitt 3. Das Recht der ehelichen Kinder.
IX. Die Machtstellung, die dem Vater als Haupt der Verwaltungs-
gemeinschaft gegenüber dem Hausgut des Kindes zukommt, wird in einer Reihe
von Fällen empfindlich beschränkt. Die Beschränkungen sind von mannig-
facher Art.
1. In einigen Fällen tritt die Beschränkung des Vaters kraft Gesetzes ein.
a) Der erste Fall ist der, daß der Vater zu einer neuen Ehe schreitet:
hier ist der Vater verpflichtet, jede Vermögensgemeinschaft, in der er sich etwa
mit dem Kinde befindet, zu lösen; und zwar soll er dieser Pflicht genügen,
noch ehe er die neue Ehe eingeht; demgemäß soll, wie bereits erwähnt, der
Standesbeamte die Eheschließung eines Bräutigams, der ein eheliches minder-
jähriges Kind hat, erst dann entgegennehmen, wenn ihm eine Bescheinigung
des Vormundschaftsgerichts vorgelegt wird, wonach eine Vermögensgemeinschaft
zwischen Vater und Kind nicht besteht oder Vater und Kind sich wegen der
Gemeinschaft auseinandergesetzt haben (1669 Satz 1, 1314; s. oben S. 542).
Beispiel. Der Vater A. hat von seiner verstorbenen Frau zusammen mit seinem Sohn
B. ein Haus geerbt; nun will er eine zweite Ehe eingehn. Hier muß er die Gemeinschaft
lösen, indem er entweder das Haus ganz dem B. überläßt und sich für den Verlust etwa
durch Ubernahme von Wertpapieren des B. oder durch Eintragung einer Hypothek auf dem
Hause entschädigt oder indem er seinerseits das Haus ganz übernimmt und dem B. eine
Vergütung gewährt oder indem er das Haus an einen Dritten veräußert und den Erlös
getrennt für sich und den B. anlegt.
Ausnahmsweise kann das Vormundschaftsgericht dem Vater gestatten, die Auseinander-
setzung mit dem Kinde bis nach Schließung der neuen Ehe zu verschieben (1669 Satz 2).
Die Regel zu a gebietet dem Vater nur, eine bei Eingehung der neuen Ehe vor-
handene Gemeinschaft mit dem Kinde aufzulösen, verbietet ihm dagegen nicht, nach Eingehung
der neuen Ehe anderweitige Gemeinschaften erstmalig zu begründen. Sonach steht auch
nichts im Wege, wenn der Vater die vor Eingehung der neuen Ehe pflichtmäßig aufgelöste
Gemeinschaft nachträglich wiederherstellt.
b) Der zweite Fall ist der, daß die elterliche Gewalt des Vaters ruht
oder daß über sein Vermögen Konkurs eröffnet wird; hier verliert der Vater
kraft Gesetzes die Befugnis der Verwaltung des Kindesvermögens mit Einschluß
der vermögensrechtlichen Vertretung des Kindes so lange, bis seine Gewalt
wieder auflebt oder bis nach Beendigung des Konkurses das Vormundschafts-
gericht ihm die Verwaltung von neuem überträgt (1678, 1647 (1638 I, 1630 ID.
Die Verwaltung geht alsdann bei ruhender väterlicher Gewalt und fort-
dauernder elterlicher Ehe auf die Mutter, andernfalls auf einen dem Kinde
zu bestellenden Pfleger über (s. 1685, 1909, 1681)"; dagegen bleibt die Nutz-
nießung des Vaters an dem Hausgut mit der Maßgabe in Kraft, daß der
Vater die Nutzungen nicht selber gewinnen darf, sondern nur verlangen kann,
daß die Mutter oder der Pfleger sie ihm nach Abzug der Verwaltungsunkosten
abliefert (1656 0.
e) Der dritte Fall ist der, daß das Kind heiratet, es sei denn, daß die
Eheschließung der erforderlichen elterlichen Einwilligung ermangelte: hier ver-
4) Vgl. R. 75 S. 163.