Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

§ 347. Schulden des Vaters und des Kindes. § 348. Erwerbsgeschäft des Kindes. 659 
c) Betrieb eines Erwerbsgeschäfts seitens des Kindes. 
§ 348. 
I. Erster Fall: das Geschäft wird vom Vater im Namen des Kindes 
betrieben. 
1. Hierzu ist der Vater nach freiem Ermessen befugt, wenn es sich ledig- 
lich um die Fortsetzung eines alten von dem Kinde ererbten oder ihm ge- 
schenkten Geschäfts handelt. Dagegen bedarf es der Genehmigung des Vor- 
mundschaftsgerichts, wenn der Vater ein altes Geschäft für das Kind durch 
entgeltlichen Vertrag erwerben oder ein neues Geschäft für das Kind begründen 
oder zum Betriebe eines alten oder neuen Geschäfts namens des Kindes einen 
Gesellschaftsvertrag schließen will (1643 I, 1822 Nr. 3, 1645). 
2. Für die Verwaltung des Geschäfts durch den Vater gelten die all- 
gemeinen Regeln: der Vater wird also bei dem Betriebe des Geschäfts nicht 
freier gestellt als bei der Verwaltung des sonstigen Vermögens seines Kindes; 
selbstverständlich ist freilich, daß das Gericht von seiner Befugnis, dem Vater 
für gewisse Geschäfte — namentlich die Zeichnung von Wechseln — eine 
Generalermächtigung zu geben, im Fall eines Geschäftsbetriebes häufiger Ge- 
brauch machen wird als im Fall einer gewöhnlichen Vermögensverwaltung 
(. 1643 II, 1825 II5 s. oben S. 652 3b,). 
Eine Besonderheit, die nur bei dem Betriebe eines kaufmännischen Geschäfts für das 
Kind vorkommen kann, ist die Erteilung einer Prokura; sie bedarf der Genehmigung des 
Vormundschaftsgerichts (1643 I, 1822 Nr. 11). 
3. Die väterliche Nutznießung erstreckt sich grundsätzlich auch auf das im 
Namen des Kindes betriebene Geschäft, falls das Geschäft nicht aus besondern 
Gründen dem Freigut des Kindes vorbehalten ist. Demgemäß gehört der 
jährliche Reingewinn des Geschäfts dem Vater; eine Ausnahme gilt aber, 
wenn sich in einem Jahre ein Verlust ergibt: alsdann verbleibt der Gewinn 
späterer Jahre bis zur Ausgleichung des Verlusts dem Kinde (1655). 
4. Die Geschäftsschulden verhaften das gesamte Vermögen des Kindes; 
kommt dem Vater die Nutznießung des Geschäfts zu, so verhaften die Geschäfts- 
schulden teilweise auch das Vermögen des Vaters (1654, 1388). 
5. Der einmal begonnene Geschäftsbetrieb kann vom Vater jederzeit wieder eingestellt 
und das Geschäft aufgelöst werden. Dagegen ist eine Veräußerung des Geschäfts an Dritte 
dem Vater nur mit Genehmigung des Gerichts gestattet (1643 I, 1822 Nr. 3). 
II. Zweiter Fall: das Geschäft wird vom Kinde selbst betrieben. 
1. Hierzu bedarf es in jedem Fall der Einwilligung des Vaters und der 
Genehmigung des Gerichts, ohne daß unterschieden wird, ob das Geschäft ein 
altes oder neues ist (112 1l). Daß Vater und Gericht den Geschäftsbetrieb 
des Kindes kennen und ihm nicht widersprechen, genügt nicht.
	        
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