8 361. Gütertrennung. 663
so kann der Vater oder die Mutter den Reinertrag des Vermögens nach freiem
Ermessen, also auch im eignen Nutzen oder zugunsten der Geschwister ver-
wenden und ist dem Kinde keine Rechenschaft darüber schuldig; doch kann das
Kind auch eine abweichende Bestimmung treffen (s. 1619).
Beispiele. I. Die 1900 geborene A. hat 1916 eine Hypothek von 100000 Mk. unter
Ausschluß der elterlichen Nutznießung geerbt; alsbald übernimmt der Vater die Verwaltung
der Hypothek, verwahrt also den Hypothekenbrief und zieht die Zinsen ein; die A. beläßt
ihm diese Verwaltung auch, als sie volljährig geworden, ja sogar, als sie 1926 den B. hei-
ratet; erst 1936 erfährt B. zufällig durch einen Dritten, daß seine Frau eignes Vermögen
hat. Hier kann B. von seinem Schwiegervater die Herausgabe der Hypothek fordern
und außerdem Rechnungslegung über die Zinsen für die Jahre 1916—1921 und 1926—1936,
nicht aber auch für die Jahre 1921—1926 verlangen. II. Hätte der Vater der A. von ihrer
Erbschaft gar nichts gesagt, sondern deren Verwaltung über das Jahr 1921 hinaus eigen-
mächtig fortgesetzt, so müßte er auch für die Jahre 1921—1926 Rechnung legen. III. Hat
der Vater der A. nach ihrer Verheiratung eine jährliche Zulage von 1000 Mk. gegeben, so
kann er, sobald B. die Herausgabe der Hypothek und der eingezogenen Zinsen fordert, die
Zulage in Abzug bringen (1625).
A. BDie Fortsetzung der Gütergemeinschaft zwischen Vater und Kind.
a) Das Vermögen des Vaters und des Kindes.
§ 352.
I. 1. Setzt nach dem Tode der Mutter der überlebende Vater die bisherige
allgemeine Gütergemeinschaft oder die bisherige Fahrnisgemeinschaft mit den
Kindern fort (s. oben S. 646, 4; 647, 5, 6), so entsteht ein Gesamtgut, das
den Kindern um ihrer Kindschaft willen mit dem Vater gemeinsam ist. Dies
Gesamtgut setzt sich aus vier Bestandteilen zusammen.
a) Erster Bestandteil ist das Gesamtgut der bisherigen ehelichen Güter-
gemeinschaft: wie dieses während der Ehe beiden Eltern zusammen gehörte,
gehört es nunmehr dem Vater und den Kindern zusammen (1485 .).
b) Zweiter Bestandteil ist das etwaige getrennte Vermögen der Mutter,
soweit es infolge ihres Todes auf den Vater übergeht (1485 1), also, falls
die Mutter kein Testament errichtet hat, zu einem Viertel.
J%) Dritter Bestandteil ist aller Erwerb, der nach Eintritt der fortgesetzten
Gütergemeinschaft dem Vater und den Kindern durch ein zum Gesamtgut ge-
höriges Recht oder als Ersatz für eine Schmälerung des Gesamtguts oder
durch ein auf das Gesamtgut bezügliches Rechtsgeschäft zufällt, also vor allem
die Früchte des Gesamtguts.
) Vierter Bestandteil ist jeder andre Erwerb des Vaters, der, wenn die
eheliche Gütergemeinschaft noch fortbestände, zum ehelichen Gesamtgut gehören
würde (s. 1485 I, 1486), also sein erspartes Gehalt u. dgl.
2. Die Aufzählung zu 1. ist erschöpfend: was sie nicht nennt, bleibt außer-