§ 352. Fortgesetzte Gütergemeinschaft. Rechtsmacht des Vaters. 667
I) Dagegen ist die Befugnis der Ehefrau bei der ehelichen Gütergemein-
schaft, unter Umständen auch ihrerseits Rechtsgeschäfte mit Wirksamkeit für
und gegen das Gesamtgut vorzunehmen, auf die Kinder bei der fortgesetzten
Gütergemeinschaft nicht übertragen: selbst in den dringendsten Eilfällen ent-
behren die Kinder gegenüber dem Gesamtgut jede eigne Verfügungsmacht.
Auch wenn die Kinder ein Erwerbsgeschäft betreiben, gilt keine Ausnahme.
4) Zur formellen Legitimation für seine Verfügungen über das Gesamtgut gibt das
Nachlaßgericht dem Vater eine Bescheinigung über die Fortsetzung der Gütergemeinschaft;
diese Bescheinigung wird wie ein Erbschein behandelt (1507; RerOrdn. 36 II).
5. Auch zur Führung von Rechtsstreitigkeiten für das Gesamtgut ist
allein der Vater zuständig; doch gilt auch hier eine Ausnahme: die Kinder
sind befugt, ein Gesamtgutsrecht gerichtlich geltend zu machen, über das der
Vater ohne die erforderliche Zustimmung der Kinder verfügt hat (1487, 1449).
Die gleiche Befugnis ist den Kindern zuzubilligen, wenn der Vater noch beim Bestehn
der ehelichen Gütergemeinschaft eine Verfügung über ein Gesamtgutsrecht ohne die erforder-
liche Zustimmung der Ehefrau getroffen bat. Wenn also A. noch bei Lebzeiten seiner Frau
ohne deren Zustimmung an B. und nach dem Tode der Frau ohne Zustimmung der Kinder
an C. eine Schenkung aus dem Gesamtgut macht, so können die Kinder auf Rückgabe des
Geschenks nicht bloß gegen C., sondern auch gegen B. klagen." — Sind mehrere Kinder
vorhanden, so ist jedes für sich allein zur Klage berechtigt.
6. Macht der Vater aus seinem Vorbehaltsgut Aufwendungen in das
Gesamtgut, so kann er, jedoch erst nach Beendigung der fortgesetzten Güter-
gemeinschaft, Ersatz aus dem Gesamtgut fordern (1487, 1466 II).
7. Die Rechte des Vaters und ebenso die der Kinder am Gesamtgut sind
unveräußerlich (1487, 1442 1). Deshalb kann der Vater eine zum Gesamt-
gut gehörige Fahrnissache nur im ganzen veräußern oder verpfänden, darf
dagegen seine Verfügung nicht auf seinen oder der Kinder Anteil an der Sache
beschränken.
8. Der Steigerung der väterlichen Rechte in der fortgesetzten Güter-
gemeinschaft steht eine Herabsetzung der väterlichen Pflichten zur Seite: in An-
sehung des Gesamtguts hat der Vater gegenüber den Kindern nicht die
strengen Verpflichtungen, die dem Ehemann gegenüber der Ehefrau bei der
Verwaltungsgemeinschaft, sondern die milden Verpflichtungen, die dem Ehe-
mann gegenüber der Ehefrau bei der Gütergemeinschaft obliegen (1487, 1456,
1467). Ja er ist in einer wichtigen Beziehung sogar noch günstiger als der
gütergemeinschaftliche Ehemann gestellt: dieser muß aus dem Gesamtgut die
„ehelichen Lasten“ bestreiten, also den ganzen Lebensbedarf der Ehefrau decken
und kann aus den etwaigen getrennten Einkünften der Frau höchstens einen
angemessenen Zuschuß fordern; dagegen sind die Kinder, selbst wenn sie den
elterlichen Haushalt teilen, wegen ihres Lebensbedarfs gänzlich auf ihre ge-
trennten Einkünfte angewiesen und dürfen vom Vater einen Zuschuß aus
2) Abw. Planck-Unzner Anm. 1 c; Staudinger-Engelmann Anm. 26 6 zu § 1487.