668 Buch VII. Abschnitt 3. Das Recht der ehelichen Kinder.
dem Gesamtgut nur dann beanspruchen, wenn sie einen solchen Zuschuß auch
aus dem dem Vater allein gehörigen Vermögen fordern dürften (1601 ff.).
Beispiele. I. Der Witwer A. führt mit seiner großjährigen Tochter einen gemein-
samen Haushalt; es gilt f. GG. zwischen ihnen; die Einnahmen aus dem Gesamtgut be-
tragen 12000 Mk., aus dem getrennten Vermögen der Tochter 6000 Mk.; die Haushalts-
kosten belaufen sich auf 13000 Mk., wovon auf die Tochter 5000 Mk. entfallen. Hier
kann A. fordern, daß die Tochter letztere 5000 Mk. ganz aus ihren getrennten Einkünften
deckt, während er bei gleicher Sachlage aus den getrennten Einkünften seiner Ehefrau nur
einen Wirtschaftszuschuß von 1000 Mk. beanspruchen könnte. Ein „Trost“ für die Tochter
ist, daß sie sich, da sie sich selber unterhält loben S. 640 III, 1), um die väterliche Wirtschaft
nicht zu kümmern braucht. II. Der fünfzigjährige B. lebt mit seinem achtzigjährigen Vater
C. in fortgesetzter, die zwanzigjährige verheiratete Tochter B.s lebt mit ihrem Mann in ehe-
licher Gütergemeinschaft; das Gesamtgut der f. G. beträgt eine ganze, das Gesamtgut der
ehelichen Gütergemeinschaft beträgt eine halbe Million; nun verarmt B. Hier kann B. standes-
mäßigen Unterhalt nicht aus der erstgenannten ganzen, sondern allein aus der zuletzt ge-
nannten halben Million fordern, obschon jene ihm doch mitgehört, während diese ihm fremd
ist: nicht der Vater B.s trotz der zwischen ihm und B. bestehenden sog. Gütergemeinschaft,
sondern die Tochter oder richtiger der Schwiegersohn B.s sind unterhaltspflichtig.
9. Eine Schmälerung erfährt die väterliche Rechtsmacht bei der fortgesetzten
Gütergemeinschaft nie: erweist sie sich als unerträglich, so wird sie nicht ab-
geschwächt, sondern durch Auflösung der Gütergemeinschaft gänzlich aufgehoben.
10. a) Ist der Vater geschäftsunfähig oder beschränkt geschäftsfähig, so wird er beie
Ausübung der elterlichen Macht gegenüber dem Gesamtgut durch seinen Gewalthaber ver-
treten; so auch dann, wenn eines der Kinder zu seinem Gewalthaber bestellt wird (1487, 1457).
Demnach kann es kommen, daß in einer f. G. die älieste Tochter als Vormünderin ihres
wegen Trunksucht entmündigten Vaters die Herrschaft über das Gesamtgut führt.
b) Ju eines der Kinder geschäftsunfähig oder beschränkt geschäftsfähig, so muß es bei
Ausübung der ihm zustehenden schmalen Befugnisse gleichfalls durch seinen Gewalthaber ver-
treten werden; steht es unter der Gewalt des Vaters, so ist ihm im Fall des Bedürfnisses
ein besondrer Pfleger zu bestellen (s. 1630 II, 1795, 181).
III. Das nicht zum Gesamtgut gehörige Vermögen des Vaters und der
Kinder wird im allgemeinen geradeso behandelt, als ob die fortgesetzte Güter-
gemeinschaft nicht vorhanden wäre. Es kommen also darauf, solange die
Kinder minderjährig sind, regelmäßig die Grundsätze der Verwaltungsgemein-
schaft, späterhin die Grundsätze der Gütertrennung zur Anwendung. Doch
gelten folgende Ausnahmen.
1. Wenn irgend ein dem Vater gehöriger Gegenstand bloß deshalb nicht
zum Gesamtgut gerechnet wird, weil er unveräußerlich ist, fallen wenigstens
die Nutzungen des Gegenstandes in das Gesamtgut; demgemäß sind auch die
auf diesen Nutzungen ruhenden Lasten vom Gesamtgut zu tragen (1486 II,
1525 1, 1529 I).
2. Ingleichen fallen, wenn die Kinder minderjährig sind und der Vater
kraft seiner elterlichen Gewalt die Nutznießung an dem nicht zum Gesamigut
gehörigen Kindervermögen hat, die Nutzungen dieses Vermögens in das Ge-
samtgut und sind dementsprechend die auf ihnen ruhenden Lasten vom Ge-
samtgut zu tragen (1485 —I).