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Versailles, 21. November 1870.
„Die Verständigung mit Bayern ist positiv, Minister Lutz hat es mir selbst
gesagt. Die Bedingungen sind: Erhaltung der bayerischen Post, Selbständigkeit
des Militärs in Friedenszeiten unter Annahme nur der allgemeinen Grundsätze
des deutschen Heersystems und Zulassung preußischer Inspektion, endlich Schaffung
eines Bundesratsausschusses für auswärtige Angelegenheiten unter dem Vorsitz
Bayerns, in welchem Sachsen und Württemberg geborene Mitglieder sind. Die
Kompetenz dieses Ausschusses ist mir nicht genau bekannt. Es scheint, er soll
wesentlich nur das Recht haben, auf dem Laufenden gehalten zu werden, ein
Recht, das wenigstens Bismarck gegenüber gleich Null wäre. Im ganzen werden
also die drei Königreiche in diesem Ausschusse eine bevorzugte Stellung haben
und gesonderte Militärverwaltung behalten, die freilich hinsichtlich Sachsens und
Württembergs nur ein bloßes Wort sein wird. Der Ausschuß kann natürlich
ohne unsere Zustimmung nicht gemacht werden. Ich schwanke noch, ob ich
einfach Ja sagen oder verlangen soll, daß den übrigen Staaten zwei Wahl-
stimmen, von denen die eine uns ziemlich sicher wäre, eingeräumt werden. Den
„Königen“ einen Possen zu spielen, wäre schon ein Spaß; andererseits läuft
man Gefahr, wenn man sich Zugang in den Ausschuß erkämpft, in alle Lappalien
und Intriguen desselben verwickelt zu werden.“
Am 30. November 1870 wieder in Karlsruhe eingetroffen, begab sich Jolly
zu der am 19. Februar 1871 erfolgenden ersten Tagung des Bundesrats nach
Berlin, kehrte aber infolge einer Einladung des Bundeskanzlers bereits am
22. Februar zur Teilnahme an den Friedensverhandlungen nach Verseilles
zurück. Ueber die Berührungen, die Jolly diesesmal mit Bismarck hatte, ent-
halten die von dem badischen Staatsmann an seine Gemahlin gerichteten Briefe
folgende interessante Schilderung:
Versailles, 25. Februar 1871.
„Bismarck, den ich natürlich zuerst aufsuchte, war nicht sichtbar. Abeken
und Keudell ließen aber merken, daß er mich gerne sprechen würde, und nach
vielen höchst überflüssigen Komplimenten kam heraus, es wäre angenehm, wenn
ich abends zwischen 7 und 8 Uhr noch einmal nach ihm fragen wollte. Ich
marschirte also nach meinem Diner hin, er war aber nach sechsstündiger Kon-
ferenz mit Thiers so erschöpft, daß er nicht konnte. Nach 10 Uhr schickte er
dann noch und ließ mich auf heute 12 Uhr bitten. Ob er etwas will, oder
ob die ganze Geschichte nur eine Höflichkeitskomödie ist, als wenn wir materiell
bei dem Frieden mitzuthun hätten, ist mir einstweilen noch unklar.“
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Versailles, 26. Februar 1871.
„Als wir, der bayerische Minister und ich, gestern um 12 Uhr bei Bismarck
erschienen, teilte er uns mit, er habe sich tags zuvor mit den französischen