676 Buch VII. Abschnitt 3. Das Recht der ehelichen Kinder.
b) Eine Verwaltungsgemeinschaft der Kinder mit der Mutter fand in
keinem Fall statt. Vielmehr galt, sobald die väterliche Verwaltungsgemein-
schaft erloschen war, zwischen Kindern und Mutter Gütertrennung.
J0) Fortgesetzte Gütergemeinschaft galt z. B. in Westfalen. Dagegen
wurde z. B. in Ostpreußen die zwischen den Eltern bestehende Gütergemein-
schaft mit dem Tode des Vaters oder der Mutter kraft Gesetzes aufgelöst.
2. Das französische Recht stand dem neuesten Reichsrecht näher, da es
außer der väterlichen auch die mütterliche Verwaltungsgemeinschaft kannte; es
ließ aber die eine wie die andre Verwaltungsgemeinschaft mit dem 18. Lebens-
jahr der Kinder aufhören.
3. In Holstein, Hannover, Hessen-Kassel usw. bedurften volljährige Kinder, die unter
elterlicher Gewalt standen, zur Aufnahme von Darlehnen der Genehmigung des Vaters
(S. C. Macedonianum).
4. In den Städten Schleswigs, in Hildburghausen, Bamberg, Sigmaringen, beim Tode
des Ehemanns auch in Hamburg und Bremen galt fortgesetzte Gütergemeinschaft. Dagegen
wurde in Lüneburg, Hildesheim, Osnabrück, Fulda, Würzburg und beim Tode der Ehefran
auch in Hamburg und Bremen die Gütergemeinschaft in der Art aufgelöst, daß der über-
lebende Gatte Alleineigentümer des Gesamtguts wurde, die Kinder aber ein unentziehbares
Erbrecht an seinem ganzen Vermögen gewannen.10
Zusatz zu Abschnitt III.
I. Kollisionsnormen.
1. Auf das Rechtsverhältnis zwischen den Eltern und einem ehelichen Kinde kommt —
ohne Rücksicht auf den Wohnsitz der Beteiligten — deutsches Recht zur Anwendung, wenn
der Vater und, falls dieser gestorben ist, die Mutter die Reichsangehörigkeit besitzt; das
gleiche gilt, wenn die Reichsangehörigkeit des Vaters oder der Mutter nach der Geburt des
Kindes erloschen, die Reichsangehörigkeit des Kindes aber bestehn geblieben ist (EG. 18, 19).
Ebenso ist, wenn die Eltern und das Kind einem und demselben Auslandsstaat angehören.
das Recht dieses Staats anzuwenden; welches Recht maßgebend ist, wenn Eltern und Kind
verschiedenen Auslandsstaaten angehören, läßt sich nicht allgemein bestimmen.
2. Eine Ausnahme gilt für die fortgesetzte Gütergemeinschaft: sie unterliegt denselben
Regeln wie die eheliche Gütergemeinschaft, an die sie sich anschließt (s. EG. 15). Eine fernere
Ausnahme gilt für Gegenstände des Kindervermögens, die sich im Auslande befinden: hier
gilt eine analoge Regel wie im ehelichen Güterrecht (EbG. 28; s. oben S. 624 “#a).
II. übergangsvorschriften.
1. Auf das Rechtsverhältnis zwischen den Eltern und einem ehelichen Kinde findet das
neue Recht sofort vom 1. Januar 1900 ab Anwendung (E. 203); beispielsweise wurden
an diesem Tage alle volljährigen Kinder, die nach bisherigem Recht unter elterlicher Gewalt
standen, gewaltfrei. Ist die Ehe der Eltern nach bisherigem Recht geschieden, so bestimmt
sich die Sorge der Eltern für die Person der Kinder nach bisherigem Recht (EG. 206).5
2. Eine Ausnahme gilt auch hier für die fortgesetzte Gütergemeinschaft: sie unterliegt
dem nämlichen Recht wie die eheliche Gütergemeinschaft, an die sie sich anschließt (E. 200).
9 C. c. 389, 390, 384. 9) Noth 2 S. 340. 10) Roth 2 S. 101, 111, 06.
1) Siehe aber R. 66 S. 249. 2) R. 62 S. 287.