§ 365. Beginn der Vormundschaft. Auswahl des Vormundes. 697
2. Leginn und Ende der Vormundschaft.
§ 365.
I. 1. Die Anordnung der Vormundschaft über eheliche Kinder erfolgt,
sobald sich ergibt (1773 1; R. FG. 57 Nr. 1):
a) daß sie nicht unter elterlicher Gewalt stehn;
b) daß die elterliche Gewalt, unter der sie stehn, ruht;
) daß die Eltern, obschon ihre Gewalt nicht ruht, doch weder in den
die Person noch in den das Vermögen betreffenden Angelegenheiten zur Ver-
tretung der Kinder berechtigt sind.
Beispiele. Zu a: beide Eltern sind gestorben; der Vater ist gestorben, die Mutter ist
wieder verheiratet; das Kind ist adoptiert und der Adoptionsvertrag nachträglich aufgehoben.
Zu b: der Vater ist geisteskrank, die Mutter minderjährig. Zu c: der Vater ist in Konkurs
geraten, nachdem ihm zuvor wegen Vernachlässigung der Kinder die Sorge für deren Person
entzogen worden ist.
2. Über uneheliche Kinder ist die Vormundschaft gleich nach ihrer Geburt
anzuordnen (1773 1; s. aber 1699).
3. Über Minderjährige, deren Familienstand nicht zu ermitteln ist, nament-
lich über Findlinge, ist die Vormundschaft anzuordnen, sobald ihre Familien=
losigkeit bekannt wird (1773 1l).
II. Die Vormundschaft beginnt damit, daß das Vormundschaftsgericht
dem Minderjährigen, der nunmehr „Mündel“ heißt, von Amts wegen einen
Vormund bestellt (1774).
1. Gewisse Personen sind vor andern zur Vormundschaft berufen: sie
haben das Vorrecht, daß die Vormundschaft in erster Reihe ihnen angeboten
werden soll.
a) Bevorrechtigt ist der Reihe nach: erstens wer von dem Vater des
Mündels mittels letztwilliger Verfügung als Vormund benannt ist; zweitens
wer in gleicher Art von der ehelichen Mutter des Mündels als Vormund benannt
ist; drittens der Großvater des Mündels väterlicherseits; viertens der Groß-
vater des Mündels mütterlicherseits (1776 I, 1777 III). Die Befugnis
des Vaters und der Mutter, für ihr Kind einen Vormund zu benennen, ist
ein Ausfluß ihrer elterlichen Gewalt; und zwar muß ihnen die elterliche Ge-
walt über das Kind zur Zeit ihres Todes zugestanden und es darf ihnen auch
in eben diesem Zeitpunkt die Rechtsmacht zur Vertretung des Kindes in dessen
persönlichen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten nicht gefehlt haben; hat
der Vater einen Vormund für ein Kind benannt, das erst nach seinem Tode
geboren ist, so genügt es, wenn er die elterliche Gewalt über das Kind sowie
die Befugnis zu dessen Vertretung gehabt haben würde, falls das Kind vor
seinem Tode geboren wäre (1777 I, I.