702 Buch VII. Abschnitt 7. Das Vormundschaftsrecht.
Mitvormündern gemeinsam geführt wird; in allen andern Fällen ist die Be-
stellung eines Gegenvormundes vom Ermessen des Vormundschaftsgerichts ab-
hängig; die Eltern sind befugt, neben einem von ihnen benannten Vormunde
die Bestellung eines Gegenvormundes auszuschließen (1792 I, II, 1852, 1855).
b) Im übrigen gelten für die Bestellung des Gegenvormundes die gleichen
Vorschriften wie für die Bestellung des Vormundes; ebenso ist die Beendigung
ihres Amtes für Gegenvormund und Vormund gleich geregelt (1792 IV, 1895).
VI. Besondre Regeln gelten in Preußen für die Bevormundung von
Minderjährigen, die unter öffentlicher Aufsicht erzogen werden (Anstalts-
vormundschaft, E. 136; pr. AusfGes. 78; pr. Ges. v. 2. Juli 1900 § 129.
1. a) Ist für einen zu bevormundenden Minderjährigen die Fürsorge-
erziehung (s. oben S. 637, 4 und unten S. 708 III) angeordnet und ist er
daraufhin in einer staatlich beaufsichtigten Erziehungsanstalt oder in einer von
dem Vorstande einer solchen Anstalt ausgewählten und von ihm beausfsichtigten
Familie untergebracht, so kann dem Minderjährigen auf Antrag des zuständigen
Kommunalverbandes unter Übergehung der von seinen Eltern benannten Per-
sonen sowie seiner Angehörigen der Vorstand jener Anstalt zum Vormunde
bestellt werden.
b) Ist ein zu bevormundender Minderjähriger aus irgendwelchen Gründen
in einer Erziehungs= oder Verpflegungsanstalt untergebracht, die vom Staat
oder einer Gemeinde nicht bloß beaussichtigt, sondern unmittelbar verwaltet
wird, so braucht ihm ein Vormund überhaupt nicht bestellt zu werden, sondern
er steht schon kraft Gesetzes unter der Vormundschaft des jeweiligen Vorstandes
der Anstalt.
Mit der Aufnahme des Mündels in die Anstalt endigt das Amt des bisherigen
Vormundes. Das Vormundschaftsgericht kann aber dem Mündel nach freiem Ermessen
alsbald einen neuen Vormund bestellen. Geschieht dies, so ist die Vormundschaft des An-
staltsvorstandes ausgeschlossen. Geschieht es nicht, so dauert seine Vormundschaft bis zur
Volljährigkeit des Mündels fort, mag der Mündel auch inzwischen aus der Anstalt ent-
lassen sein.
2. Ein Gegenvormund wird in den zu 1. genannten Fällen neben dem
Anstaltsvorstande nicht bestellt; Rechtshandlungen, die ein gewöhnlicher Vor-
mund nur gemeinsam mit dem Gegenvormunde vornehmen kann, kann der
Anstaltsvorstand für sich allein vornehmen.
Verwandte Regeln finden sich auch in andern Staaten. Siehe die Auss Ges. von
Bayern 100, Sachsen 37, Hamburg 75; württ. Ges. v. 29. 12. 99 Art. 18 usw.
3. Bas Rechtnverhältnis zwischen VNormund und Mündel im allgemeinen.
§ 366.
I. 1. Aus dem Begriff der Vormundschaft als einer „allgemeinen“ Für-
sorge ergibt sich, daß der Vormund während der Dauer seiner Amtsführung