704 Buch VII. Abschnitt 7. Das Vormundschaftsrecht.
ein solcher tatsächlich noch nicht bestellt oder der bereits bestellte gestorben oder entlassen, so#
braucht nicht gewartet zu werden, bis sein Amt besetzt ist, sondern man behilft sich, um
Verzögerungen zu vermeiden, ohne Gegenvormund. Nur für zwei Fälle ist das Gegenteil
vorgeschrieben, nämlich für die Bewilligung eines Honorars an den Vormund und für die
jährliche Rechnungslegung (1836 II, 1842).
III. 1. Kraft seiner vormundschaftlichen Gewalt ist der Vormund befugt,
den Mündel in allen seinen Angelegenheiten Dritten gegenüber zu vertreten. Doch
erleidet seine Vertretungsmacht selbstverständlich die gleichen Beschränkungen
wie die auf der elterlichen Gewalt beruhende Vertretungsmacht des Vaters
oder der Mutter (1794, 1795, 1796; s. oben S. 632a).
2. a) Sind mehrere Vormünder bestellt, so können sie, wenn das Vor-
mundschaftsgericht nichts andres bestimmt, den Mündel nur gemeinsam ver-
treten (1797).
b) Das nänliche gilt in gewissen Fällen, wenn neben einem Vormunde
ein Gegenvormund bestellt ist (1812). In andern Fällen hat der Vormund
dagegen ungeachtet des Vorhandenseins eines Gegenvormundes die Vertretungs-
macht für sich allein, während der Gegenvormund zur alleinigen Vertretung
des Mündels nicht einmal in Notfällen, wie bei plötzlicher Erkrankung des
Vormundes, befugt ist.
Beispiel. Bei der Veräußerung einer Mündelforderung können nur Vormund und
Gegenvormund zusammen, bei ihrer Einklagung kann der Vormund für sich allein den
Mündel vertreten.
3. Als Ausweis über seine Vertretungsmacht wird dem Vormunde vom
Gericht eine urkundliche Bestallung erteilt; sie ist zurückzureichen, wenn das
Amt des Vormundes endigt (1791, 1893 II). Bei Mehrheit der Vormünder
erhält jeder einzelne Mitvormund eine Bestallung; ingleichen ist auch dem
Gegenvormunde eine besondre Bestallung zu erteilen (1792 IV, 1895).
IV. Wie die elterliche so wird auch die vormundschaftliche Gewalt nicht
selten mehr oder minder eingreifend beschränkt (s. unten S. 708 1—11).
V. Anders als die Eltern stehn Vormund und Gegenvormund bei Er-
füllung ihrer Pflichten dem Mündel nicht bloß für die Sorgfalt, die sie in
ihren eignen Angelegenheiten anzuwenden pflegen, ein, sondern haften für
jedes Verschulden. Wird der Mündel durch eine gemeinsame Fahrlässigkeit
mehrerer Mitvormünder oder des Vormundes und Gegenvormundes geschädigt,
so haften die Schuldigen als Gesamtschuldner (1833 I, II Satz 1); doch
kann der Gegenvormund, wenn seine Fahrlässigkeit lediglich in ungenügender
Beaufssichtigung des Vormundes bestand, den Rückgriff auf diesen nehmen
(1833 II Satz 2).
VI. Über der Gewalt des Vormundes und Gegenvormundes steht die
„obervormundschaftliche" Gewalt des Vormundschaftsgerichts.
1. Die Gewalt des Vormundschaftsgerichts ist eine große. Das Gericht
hat nämlich die gesamte Tätigkeit des Vormundes zu beaufsichtigen und kann
deshalb von ihm jederzeit über die Führung der Vormundschaft und die per-