8 379. Stellvertretung bei Testamentserrichtung. 8 380. Form der Testamente. 733
Beispiel. Es wäre ungültig, wenn der Erblasser in einem gerichtlichen Testament be-
stimmen wollte, er behalte sich Abänderungen und Zusätze durch eigenhändig unterschriebene,
wennschon von andrer Hand geschriebene Nachzettel vor; oder umgekehrt: eine Abänderung
des Testaments sei nur gültig, wenn sie in gerichtlicher Form erfolge; alle Nachzettel, wenn-
schon sie eigenhändig von ihm geschrieben und unterschrieben sein sollten, seien ohne Wirkung.
III. Die letztwilligen Verfügungen werden immer einseitig getroffen.
Allerdings können sie, wie später zu zeigen, in einen Erbvertrag eingeschaltet
werden; sie bleiben aber auch in diesem Fall einseitig: ein Erbvertrag, der
letztwillige Verfügungen enthält, ist also aus vertragsmäßigen und nicht ver-
tragsmäßigen Bestimmungen zusammengesetzt.
Beispiel. In einem Erbvertrage, den A. mit seiner Frau B. abschließt, findet sich
folgende Klausel: „A. benennt als Vormund für seine Kinder den C.; Frau B. widerspricht
dem ausdrücklich.“ Hier ist sicher, daß die Benennung des Vormundes zwar in einem Erb-
vertrage steht, aber selber nicht vertragsmäßig ist. Ihre Gültigkeit ist nicht zu bezweifeln.
b) Das gewöhnliche Privattestament.
9 381.
I. Die einfachste und praktisch wichtigste Form des Testaments ist die
des gewöhnlichen Privattestaments. Sie fordert weiter nichts, als daß
der Erblasser die von ihm zu treffende Verfügung unter Angabe des Orts
und Tages eigenhändig schreibt und unterschreibt (2231 Nr. 2).1
Als meine Erbin berufe ich Johanna van Beuning.
Beispiel. Geldern, Groddeck.
den 20. März 1912.
1. Das Testament muß Ort und Tag der Errichtung angeben. Daß die
Angabe wahrheitsgemäß sein müsse, ist im Gesetz nicht ausdrücklich vor-
geschrieben und darf auch nicht als selbstverständlich unterstellt werden, zumal
in Fällen, in denen die falsche Angabe von Ort oder Zeit auf einem bloßen
Versehn des Erblassers beruht?; doch hat das Reichsgericht höchst formalistisch
das Gegenteil angenommen.3 Abgekürzte Angaben genügen, wenn ihr Sinn
zweifellos ist.
Beispiel. A., der an großer Herzschwäche leidet, beruft am 31. März 1911 abends
seine Angehörigen zu einem Familienrat und setzt nach langer aufgeregter Verhandlung an-
gesichts der Familie sein Testament formgerecht auf; als er schließlich wieder allein ist, ent-
deckt er in dem Testament einen Schreibfehler, schreibt es deshalb wörtlich, indem er nur
diesen einen Fehler berichtigt, ab und verbrennt die alte Urkunde; inzwischen war aber
Mitternacht herangekommen; die Abschrift ist also, obschon sie das Datum des 31. März 1911
trägt, in Wahrheit am 1. April 1911 errichtet; gleich darauf wird A. wiederum von Herz-
schwäche befallen und stirbt. Hier ist das erste Testament ungültig, weil A. es absichtlich.
verbrannt hat. Nach der Theorie des Reichsgerichts ist aber auch das zweite Testament
ungültig, weil es unrichtig datiert ist.
1) Brock, d. eigenhändige Testament (00); Marcus, Privattestament (00).
2) Strohal 1 S. 110. Abw. Endemann 3 § 2715; Zimmer, Arch. f. BR. 24 S. 17.
3) R. 51 S. 168.