§ 382. Notarielles Testament. § 383. Dorf-, See-, Absperrungstestamente. 737
d) Das Dorf-, das See= und das Absperrungstestament.
§ 383.
[I. In gewissen Fällen gestattet das Gesetz eine Testamentserrichtung ohne
die Garantieen, die die eigenhändige Schrift des Erblassers oder die Mit-
wirkung des Richters oder Notars bietet. Wichtig ist dies namentlich für
Kranke, die zu schwach sind, um ihr Testament eigenhändig zu schreiben, und
die Herbeiholung eines Richters oder Notars nicht abwarten können.
1. Das Dorftestament: wird mit Grund oder ohne Grund besorgt,
daß der Erblasser früher sterben werde, als die Errichtung eines Testaments
vor Richter oder Notar möglich ist, so kann das Testament statt vor Richter
oder Notar vor dem Vorsteher der Gemeinde, in der der Erblasser sich aufhält,
und zwei von dem Vorsteher zuzuziehenden Zeugen errichtet werden (2249).
In Preußen sind den Gemeindebezirken die selbständigen Gutsbezirke gleichgestellt;
die Errichtung des Testaments erfolgt hier vor dem Gutsvorsteher (pr. AusfGes. 80 I).
Die Zuständigkeit der Gemeinde= und Gutsvorsteher kann landesrechtlich auf andre
Beamte übertragen werden, z. B. auf die Vorsteher der Dorfgerichte; in Preußen genügt
hierfür eine Verfügung des Justizministers (EG. 150; pr. Ausf.Ges. 80 Il).
2. Das Seetestament: wer sich während einer Seereise an Bord eines
deutschen nicht zur kaiserlichen Marine gehörenden Fahrzeuges außerhalb eines
inländischen Hafens befindet, kann ein Testament statt vor Richter oder Notar
vor drei Zeugen ohne Mitwirkung irgendeines Beamten errichten (2251).
3. Das Absperrungstestament: wer sich an einem Ort aufhält, der
infolge außerordentlicher Umstände, namentlich infolge Ausbruchs einer Krank-
heit, dergestalt abgesperrt ist, daß die Errichtung eines Testaments vor Richter
oder Notar erheblich erschwert ist, kann das Testament nach seiner Wahl ent-
weder in der Form des Dorf= oder in der des Seetestaments errichten (2250).
II. In allen drei zu 1 genannten Fällen finden die für die Testaments-
errichtung vor Gericht oder Notar geltenden Regeln in der Art analoge An-
wendung, daß bei der Errichtung eines Dorftestaments der Gemeindevorsteher
an die Stelle des Richters oder Notars tritt; insbesondre sind nahe Ver-
wandte des Erblassers von der Mitwirkung bei der Testamentserrichtung aus-
geschlossen; über den Hergang muß ein Protokoll ausgenommen und von allen
mitwirkenden Personen unterschrieben werden usw. Besonderheiten:
1. Wird ein Dorftestament errichtet, so muß im Protokoll ausdrücklich
festgestellt werden, daß diese Form in der Besorgnis gewählt worden ist, die
Errichtung eines Testaments vor Gericht oder Notar werde nicht mehr möglich
sein (2249 1.).
2. Wird ein Testament vor drei Zeugen errichtet, so muß der Erblasser
seine Erklärungen rein mündlich abgeben; die Mitwirkung eines Dolmetschers
ist unstatthaft (2250, 2251).
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