742 Buch VIII. Abschnitt 1. Allgemeine Grundsätze des Erbrechts.
Anders, wenn das neue Testament aus andern Gründen unwirksam wird, also
namentlich, wenn es lediglich eine Erbeseinsetzung enthält und der eingesetzte
Erbe vor dem Erblasser stirbt: hier bleibt das alte Testament aufgehoben.“
Beispiele. I. A. hat in seinem Testament dem B. 20000 Mk. vermacht; später wird
er entmündigt; nun wird ihm das Vermächtnis an B. leid. Hier kann er trotz seiner Ent-
mündigung das Vermächtnis widerrufen; er kann es auch auf 2000 Mk. herabsetzen, weil
dies weiter nichts als ein Teilwiderruf ist; dagegen kann er das Vermächtnis nicht etwa
auf die Ehefrau des B. übertragen. II. C. hat in einem eigenhändig geschriebenen Privat-
testament als Erben den D. berufen; später radiert er den Namen des D. aus und schaltet
an dessen Stelle den Namen E. ein. Hier ist die Einsetzung des E. wenigstens dann un-
gültig, wenn man mit dem Reichsgericht ein unrichtig datiertes Testament für nichtig er-
achtet: will also C. den E. zum Erben machen, so muß er nach der Theorie des Reichsgerichts
das korrigierte Testament mit einem neuen Datum versehn. 7 III. F. vermacht in einem
ersten eine Erbeseinsetzung nicht enthaltenden Testament sein Wohnhaus dem G., sein
Landgut dem H.; in einem zweiten Testament beruft er den J. als Erben und vermacht
sein Landgut dem K., während er des Wohnhauses nicht erwähnt. Hier wird das erste Testa-
ment aufgehoben, soweit es das Vermächtnis an H. betrifft, während es in Ansehung des
Vermächtnisses an G. in Kraft bleibt. IV. L. setzt als zweiundzwanzigjähriger Enthusiast
die Sängerin M. als Erbin ein; drei Jahre später heiratet er und beruft in einem zweiten
Testament seine Frau als Erbin; dreißig Jahre später stirbt die Frau, und L. ernennt
jetzt unter Widerruf des zweiten Testaments in einem dritten Testament zur Erbin die
Stadt N.; nach weiteren zehn Jahren widerruft L. auch dies Testament in der Meinung,
daß seine Erbschaft nunmehr an seine gesetzlichen Erben fallen werde. Hier irrt sich L.;
seine Erbin wird krast des ersten Testaments die von ihm längst vergessene M.
8. Eröffnung und Verkündung letztwilliger VNerfügungen.
§ 387.
I. 1. a) Alle Testamente sind, sobald der Tod des Erblassers bekannt
wird, gerichtlich zu verkündigen; die Verkündung erfolgt in einem Termin,
zu dem die gesetzlichen Erben sowie die sonstigen Beteiligten, also namentlich,
wenn das Testament dem Gericht offen abgeliefert wird, die daraus ersicht-
lichen Testamentserben und Vermächtnisnehmer, soweit tunlich zu laden sind;
im Termin wird das Testament, falls es bisher verschlossen war, eröffnet und
den anwesenden Beteiligten bekannt gemacht (2260).
b) Landesrechtlich ist meistens bestimmt, daß die Verkündung von Testa-
menten, die mehr als 54 Jahre in amtlicher Verwahrung liegen, auch dann
erfolgen soll, wenn der Tod des Erblassers nicht bekannt ist, es sei denn, daß
umgekehrt bekannt ist, der Erblasser sei noch am Leben (AusfGes. Preußen
82, Bayern 108 usw.).
54 bedeutet 70 — 16, f. 2229 II.
2. Zum Zweck ihrer gerichtlichen Verkündung sind alle Testamente, die
nicht bereits bei Lebzeiten des Erblassers in gerichtliche Verwahrung zu bringen
6) Strohal § 427.
7) Siehe Planck-Strecker Anm. 2 zu 8 2258.