Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

g 388. Erbverträge. 745 
nicht vorgeschrieben ist. — Die Fähigkeit einer Person, bei einem Erbvertrage als Gegen- 
partei mitzuwirken, bestimmt sich nach den allgemeinen Rechtsregeln. Sie steht also, wenn 
der Erbvertrag keine Lasten für die Gegenpartei mit sich bringt, jeder nicht völlig geschäfts- 
unfähigen Person, also z. B. einem achtjährigen Kinde, zu. 
IV. Willensmängel auf seiten des Erblassers bei der Errichtung von Erb- 
verträgen werden grundsätzlich ebenso behandelt wie Willensmängel bei der 
Errichtung letztwilliger Verfügungen. Doch ist bestimmt, daß die Anfechtung 
eines Erbvertrages wegen Irrtums oder Bedrohung schon bei Lebzeiten des 
Erblassers durch ihn selbst erfolgen kann, sowie daß, wenn der Erblasser dieses 
sein Anfechtungsrecht durch Bestätigung des Erbvertrages oder durch Versäumung 
der Anfechtungsfrist verwirkt, eine Anfechtung des Erbvertrages durch andre 
Personen ausgeschlossen ist (2281, 2285). 
1. Die Anfechtung muß, wenn der Erblasser unbeschränkt geschäftsfähig ist, durch ihn 
persönlich geschehn; das gleiche gilt, wenn er beschränkt geschäftsfähig ist, ohne daß die Ein- 
willigung seines Gewalthabers erforderlich ist; ist der Erblasser geschäftsunfähig, so erfolgt 
die Anfechtung durch seinen Gewalthaber mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts 
(2282 1, II). 
2. Die Anfechtung geschieht gegenüber der Gegenpartei, solange diese am Leben ist; 
nach dem Tode der Gegenpartei geschieht sie gegenüber dem Nachlaßgericht (143 I, II; 2281 11). 
3. Die Anfechtung bedarf der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung (2282 111). 
4. Die Anfechtung kann nur binnen Jahresfrist erfolgen; die Frist beginnt im Fall 
des Irrtums mit dem Zeitpunkt, in dem der Erblasser den Anfechtungsgrund erfährt, im 
Fall der Bedrohung mit dem Zeitpunkt, in dem die Zwangslage aufhört (s. 2283). Daß 
mehr als 30 Jahre seit Abschluß des Erbvertrages verstrichen sind, schließt die Anfechtung 
nicht aus (s. 2082 III). 
5. Das Anfechtungsrecht des Erblassers fällt fort, sobald er den Erbvertrag formlos 
bestätigt;: die Bestätigung kann bloß durch den Erblasser persönlich erfolgen und ist wirksam 
nur, wenn er unbeschränkt geschäftsfähig ist (2284; 144 11). 
V. Der Erbvertrag muß vor Richter oder Notar unter gleichzeitiger An- 
wesenheit beider Parteien abgeschlossen werden; der Erblasser muß dabei in 
Person erscheinen, während die Gegenpartei sich nach Belieben vertreten lassen 
kann. Im übrigen kommen die gleichen strengen Formregeln zur Anwendung 
wie bei der Errichtung eines Testaments vor Richter oder Notar; nur wenn 
Verlobte oder Ehegatten in einer und derselben Urkunde einen Ehe= und einen 
Erbvertrag abschließen, genügt die für den Ehevertrag vorgeschriebene mildere 
Form (2276, 2274, 1434; R. FG. 167 ff.). Die Errichtung eines Erbver- 
trages in den Formen des eigenhändigen Privat= oder des Dorf-, See, 
Absperrungs= oder Militärtestaments ist unzulässig. 
Beispiel. Bei einem notariellen Erbvertrage unter Verlobten kann die Zuziehung 
eines zweiten Notars oder zweier Zeugen (s. oben S. 735) regelmäßig unterbleiben (s. R. 
FG. 169, 177 Nr. 2). 
VI. Wird der Erbvertrag getrennt für sich beurkundet, so wird die Ur- 
kunde in gleicher Art amtlich verwahrt wie ein vor Gericht oder Notar er- 
richtetes Testament, sofern nicht die Parteien darauf verzichten; ist der Erb- 
3) Schiffner, Erbverträge S. 155. Abw. Hellwig S. 661.
	        
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