§ 183. Allgemeine Normen des Fahrnissachenrechts. 57
Recht in Wirklichkeit vorhanden ist, so gilt im Fahrnissachenrecht die Tatsache,
daß jemand in Ansehung einer Fahrnissache einen bestimmten Besitzstand für
sich hat, als Anzeichen dafür, daß ihm auch ein diesem Besitzstande entsprechendes
Recht an der Sache zusteht. Und zwar wird, gerade wie im Sachenrecht
der Grundstücke, dies Anzeichen in manchen Fällen unter Ausschluß des Gegen-
beweises als unfehlbar fingiert, in andern nur unter Zulassung des Gegen-
beweises als richtig vermutet.
Beispiele. I. In dem oben zu a genannten Fall möge A. an Haus und Pferd vor
der Beräußerung an B. dem C. ein Pfandrecht (nämlich eine Hypothek an dem Hause, ein
Faustpfandrecht an dem Pferde) bestellt haben. Hier wird aus der Tatsache, daß A. als
Eigentümer des Hauses im Grundbuch eingetragen stand und das Pferd sich in seinem Eigen-
besitz befand, „unfehlbar“ abgeleitet, daß er bei der Pfandbestellung wirklich Eigentümer
von Haus und Pferd gewesen ist, und das Pfandrecht ist demnach sowohl an Haus wie an
Pferd gültig zustande gekommen, auch wenn Haus und Pferd damals in Wahrheit dem D.
gehört haben (892, 1207). II. Derselbe Fall wie zu 1; nur handelt es sich nicht um ein
von A. rechtsgeschäftlich bestelltes, sondern um ein von C. im Wege der Zwangsvollstreckung
gewonnenes Pfandrecht. Hier wird gleichfalls angenommen, daß A. bei der Begründung
des Pfandrechts Eigentümer von Haus und Pferd war, jedoch nur vorbehaltlich des Gegen-
beweises. Demnach ist das Pfandrecht des C. ungültig, sobald dieser Gegenbeweis erbracht
wird, (891, 1006).
e) Wie im Sachenrecht der Grundstücke die Tatsache, daß ein bestimmtes
Buchrecht im Grundbuch nicht eingetragen steht, als Anzeichen dafür gilt, daß
dies Recht in Wirklichkeit nicht vorhanden ist, so gilt im Fahrnissachenrecht
die Tatsache, daß jemand in Ansehung einer Fahrnissache eines bestimmten
Besitzstandes entbehrt, als Anzeichen dafür, daß ihm auch ein diesem Besitz-
stande entsprechendes Recht an der Sache mangelt, und zwar auch hier bald
unter Ausschluß, bald unter Zulassung des Gegenbeweises.
Beispiel. Man nehme in dem zu b genannten Fall an, daß zwar Haus und Pferd
in Wirklichkeit dem A. gehört haben, aber auf beiden ein älteres im Wege der Zwangs-
vollstreckung gewonnenes Pfandrecht des D. lag und daß das Pfandrecht an dem Hause irr-
tümlich im Grundbuch gelöscht, das Pferd aber trotz der Pfändung im Stall des A. ver-
blieben war. Hier wird aus der Tatsache, daß das Grundbuch das Pfandrecht am Hause
als erloschen bezeichnete und daß D. eines seinem Pfandrecht voll entsprechenden Besitzes am
Pferde ermangelte, abgeleitet, daß, als C. sein jüngeres Pfandrecht erwarb, das ältere Pfand-
recht des D. nicht zu Recht bestand. Und zwar gilt die Annahme, wenn das Pfandrecht
des C. rechtsgeschäftlich bestellt war, zugunsten des C. als unfehlbar, so daß D., wenn er sie
durch Gegenbeweis widerlegt, doch dem Pfandrecht des C. den Vorrang lassen muß (892,
1208). Dagegen hat sie, wenn C.# Pfandrecht durch Zwangsvollstreckung gewonnen war,
nur den Charakter einer Vermutung, so daß, wenn D. sie durch Gegenbeweis widerlegt, sein
Pfandrecht vor dem des C. rangiert.
2. Die Ahnlichkeit zwischen dem Sachenrecht der Fahrnis und dem der
EGrundstücke, die sich aus den Regeln zu 1 deutlich ergibt, wird nun aber durch
einige wichtige Unterschiede sehr vermindert.
a) Ein Hauptunterschied ist, daß das Sachenrecht der Grundstücke von
dem Publizitätsprinzip beherrscht wird, das Fahrnissachenrecht nicht.
a) Das zeigt sich erstens schon darin, daß der Rechtsstand bei Fahrnis-
sachen, wie zu 1 gezeigt, von dem Besitzstande abhängig ist, dieser Besitzstand