Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

766 Buch VIII. Abschnitt 2. Die Berufung zur Erbschaft. 
II. Das Erbrecht des Ehegatten (einschließlich seines Rechts auf den Vor- 
aus) fällt ebenso wie das Erbrecht der Verwandten fort, wenn der Gatte ent- 
erbt wird, auf sein Erbrecht verzichtet usw. Außerdem wird sein Erbrecht 
hinfällig, wenn er dem Erblasser durch sein schuldhaftes Verhalten einen noch 
zur Zeit des Erbfalls wirksamen Grund zur Ehescheidungsklage gegeben und 
der Erblasser auch tatsächlich die Ehescheidungsklage erhoben hat (1933, 1586). 
Beispiel. A. entdeckt plötzlich, daß seine Frau sich seit Jahren des Ehebruchs schuldig 
gemacht hat, und wird dadurch so aufgeregt, daß ihn auf der Stelle der Schlag rührt. Hier 
behält die Frau ihr Erbrecht, da A. ja zur Erhebung der Scheidungsklage keine Zeit 
gehabt hat. 
Man beaachte: ist die Scheidung vor dem Tode des Erblassers rechtskräftig erfolgt, so 
ist von einem Erbrecht des Ehegatten keine Rede, selbst wenn der Erblasser bei der Schei- 
dung für allein schuldig erklärt ist; denn er ist ja alsdann nicht mehr „Ehegatte“. Da- 
gegen erlischt, wenn das Scheidungsverfahren beim Tode des Erblassers auf dessen Klage noch 
in der Schwebe ist, das Erbrecht des Ehegatten nur, wenn er der Alleinschuldige oder 
wenigstens der Mitschuldige ist. 
III. Beerbt jemand den Erblasser zugleich als Ehegatte und als Ver- 
wandter, so gilt der Erbschaftsanteil, der ihm als Gatten und der ihm als 
Verwandten zufällt, als besondrer Erbteil (1934 Satz 2). 
Wird der Erbschaftsanteil, der dem Ehegatten als solchen zufällt, dadurch erhöht, daß 
ein anfänglich zu den Miterben gehöriger Verwandter vor oder nach dem Erbfall durch Tod, 
Verzicht usw. aus der Zahl der Erben ausscheidet, so wird der Zuwachs, den der Erbschafts- 
anteil des Ehegatten ersährt, wenigstens insoweit wie ein besondrer Erbteil behandelt, als 
die Beschwerung der Erben mit Vermächtnissen und Auflagen oder die Ausgleichungspflicht 
unter mehreren Miterben in Frage kommt (1935; s. oben S. 764). 
Analoges gilt selbstverständlich, wenn der Ehegatte aus der Zahl der gesetzlichen Erben 
ausscheidet und infolgedessen der Erbschaftsanteil der Verwandten erhöht wird. 
3. Das gesetzliche Erbrecht juristischer Nersonen. 
a) Erbrecht zur Ergänzung der Erbfolge der Verwandten 
und des Ehegatten. 1 
§ 397. 
I. Hinterläßt der Erblasser keinen erbberechtigten Verwandten oder Ehe- 
gatten — sei es, daß weder ein Verwandter noch ein Ehegatte des Erblassers 
vorhanden, sei es, daß das Erbrecht aller vorhandenen Verwandten sowie des 
Ehegatten durch Enterbung, Verzicht usw. ausgeschlossen ist — so soll er 
trotzdem nicht unbeerbt bleiben. Vielmehr wird als sein gesetzlicher Erbe 
der Fiskus berufen. Und zwar steht das Erbrecht dem Fiskus des Bundes- 
staats zu, dem der Erblasser zur Zeit des Todes angehört hat; hat der Erb- 
lasser mehreren Bundesstaaten angehört, so ist der Fiskus jedes dieser Staaten 
Miterbe zu gleichen Teilen; war der Erblasser ein Deutscher, der keinem Bundes- 
1) Kähler, Heimfallsrecht des Fiskus nach Lüb. Recht u. BGB. (02).
	        
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