§ 399. Undeutliche Erbeseinsetzung. § 400. Fortfall des eingesetzten Erben. 775
Beispiel. Der Witwer A. hat 1910 zu seinen Erben seinen Sohn B. und seinen
Bruder C. berufen; B. und C. sind 1911 gestorben und haben beide Nachkommen hinter-
lassen, B. einen Sohn D. und zwei von einem vorverstorbenen Sohn abstammende Enkel E.
und F., C. einen Sohn G.; A. stirbt 1912. Hier wird A. von D. zu ½ von E. und F.
zu je ¼ beerbt, während G. leer ausgeht.
4. Haben Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament oder einem Erbvertrage be-
stimmt, daß der überlebende Gatte den vorversterbenden beerben und nach dem Tode des
überlebenden Gatten der Nachlaß an einen Dritten fallen solle, so ist anzunehmen, daß der
Dritte für den gesamten Nachlaß als Erbe des zuletzt versterbenden Gatten und nicht etwa
bezüglich des Nachlasses des vorversterbenden Gatten als dessen Nacherbe eingesetzt ist
(2269 I, 2280).0
5. Hat der Erblasser ohne nähere Bestimmung die Nachkommen eines Dritten eingesetzt,
so ist die Einsetzung im Zweifel nur auf Nachkommen zu beziehn, die zur Zeit des Erbfalls
oder, wenn die Einsetzung bedingt oder befristet war und die Bedingung oder der Termin
erst nach dem Erbfall eintrat, zu diesem späteren Zeitpunkt geboren oder gezeugt waren (2070).
6. Hat der Erblasser ohne nähere Bestimmung Personen als Erben berufen, die zu ihm
in einem Dienst= oder Geschäftsverhältnis stehn, so gilt im Zweifel als eingesetzt, wer sich
zur Zeit des Erbfalls in diesem Verhältnis befindet; ebenso gilt, wenn der Erblasser als
Erben eine ganze Personenklasse beruft, als eingesetzt, wer zur Zeit des Erbfalls zu dieser
Klasse gehört (2071). Beispiel: jemand beruft als seine Erben seinen Diener, seinen Haus-
arzt, die Musiklehrerinnen der Stadt Stralsund.
7. Hat der Erblasser ohne nähere Bestimmung „die Armen“ als Erben berufen, so gilt
im Zweifel als eingesetzt die öffentliche Armenkasse der Gemeinde, in deren Bezirk er seinen
letzten Wohnsitz hatte, jedoch mit der Auflage, die Erbschaft unter Arme zu verteilen (2072).
2. Fortfall des auf Testament oder Erbvertrag beruhenden Erbrechts.
8 400.
I. Das Erbrecht eines eingesetzten Erben fällt fort, wenn die Erbesein-
setzung durch Widerruf, Anfechtung, Rücktritt u. dgl. formell aufgehoben oder
durch formelle Aufhebung einer andern mit ihr zusammenhängenden Verfügung
außer Kraft gesetzt wird.
II. Das Erbrecht eines eingesetzten Erben fällt fort, wenn er auf sein
Recht vertragsmäßig verzichtet oder die Erbschaft einseitig ausschlägt oder für
erbunwürdig erklärt wird.
III. Hat der Erblasser als Erben seinen Ehegatten eingesetzt, so ist die
Erbeseinsetzung hinfällig, wenn die Ehe nichtig war oder vor dem Tode des
Erblassers aufgelöst worden ist; der Auflösung der Ehe steht es (gerade wie
bei der analogen für das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten geltenden Regel)
gleich, wenn der Ehegatte dem Erblasser einen noch bei dessen Tode wirksamen
Grund zur Ehescheidungsklage gegeben und der Erblasser die Ehescheidungs-
klage tatsächlich erhoben hat; die Erbeseinsetzung bleibt wirksam, wenn anzu-
nehmen ist, daß der Erblasser sie auch bei der gegebenen Sachlage verfügt
haben würde (2077 I1, III.
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6) RG. 60 S. 118.