Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

782 Buch VIII. Abschnitt 2. Die Berufung zur Erbschaft. 
6. Nach bisherigem gemeinem Recht wurden bei gewissen Arten der Adoption nicht 
bloß die Adoptiveltern vom Kinde, sondern auch das Kind von den Adoptiveltern beerbt. 
II. Das Erbrecht des Ehegatten war bisher ebenso bunt geregelt wie das 
eheliche Güterrecht: zwischen den beiden äußersten Gegensätzen, nämlich der 
Regel, daß der Ehegatte Alleinerbe des Erblassers war, und der andern Regel, 
daß er des Erbrechts gänzlich darbte, gab es unzählige Mittelbildungen. 
1. Alleinerbe des Erblassers war der Ehegatte in Lüneburg, Hildes- 
heim usw.1½ 
2. Ein abgestuftes Erbrecht stand ihm nach preußischem Landrecht zu. 
a) Hatte zwischen den Ehegatten Verwaltungsgemeinschaft bestanden 20, so 
nahm der überlebende Gatte neben Nachkommen des Erblassers einen Kindes- 
teil, jedoch höchstens /; neben Eltern, Voreltern, Geschwistern und Geschwister- 
kindern nahm er ½, neben andern Verwandten bis zum sechsten Grade ½; 
fehlte es an Verwandten bis zum sechsten Grade, so war er Alleinerbe. 
b) Hatte zwischen den Ehegatten Gütergemeinschaft bestanden 21, so hatte 
der überlebende Gatte neben unabgefundenen Kindern gar kein Erbrecht, sondern 
mußte sich mit der ihm so wie so gebührenden Hälfte des Gesamtguts be- 
gnügen; dagegen hatte er in Ermanglung unabgefundener Kinder nicht bloß 
das gleiche Erbrecht wie bei der Verwaltungsgemeinschaft, sondern obendrein 
den lebenslänglichen Nießbrauch an dem Erbteil der andern Erben. 
Ahnlich dem preußischen Recht, aber einfacher war das sächsische Recht 2: neben Nach- 
kommen des Erblassers nahm der Gatte ¼, neben Eltern, Voreltern, Geschwistern und 
Geschwisternachkommen ½; fehlie es an solchen Verwandten, so war der Gatte Alleinerbe. 
3. In denjenigen Teilen des bisherigen gemeinrechtlichen Gebiets, in denen 
das römische Ehegattenerbrecht unverändert aufgenommen war, z. B. in Gießen, 
erbte der Gatte erst in letzter Reihe, wenn es an erbberechtigten Verwandten 
fehlte; war der Ehemann zuerst verstorben und seine Witwe ohne Heiratsgut, 
so hatte die Witwe ein gesetzliches Erbrecht auch neben den Verwandten: ihr 
Erbteil betrug ¼, jedoch neben Nachkommen des Erblassers nicht mehr als ein 
Kindesteil.?3 
4. Nach französischem Recht erbte der überlebende Gatte nur, wenn der 
Erblasser gar keine erbberechtigten Verwandten hinterließ. 4 
5. Gar kein Erbrecht hatte der Ehegatte in Berlin; doch durfte er statt 
der während der Ehe geltenden Verwaltungsgemeinschaft von Todes wegen 
allgemeine Gütergemeinschaft einführen und nahm, wenn er von diesem Recht 
Gebrauch machte, von dem beiderseitigen Vermögen die Hälfte.“ 
19) Dernb. 3 § 135, 3. 
19a) Roth 2 § 112 28 28 20) Pr. LR. II, 1 § 622 flg. 
21) Pr. LR. II, 1 8§8 638 ff. 
22) Sächs. GB. 2049, 2052, 2053. Siehe aber auch ebenda 2050, 2051. 
23) Dernb. 3 §8 136, 137. 
24) C. c. 767. 
25) Const. Joachimica v. 1527, Dernb., Pr. Pr R. 3 § 19121.
	        
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