§ 402. Bisheriges Recht. 783
III. Die Regel, daß der Nachlaß eines Erblassers, der keinen erbberechtigten
Verwandten oder Ehegatten hinterläßt, an den Fiskus fällt, ist bereits dem
ältesten deutschen Recht bekannt; dagegen trat im späteren Mittelalter an die
Stelle des Fiskus häufig der Gerichtsherr oder die Gemeinde, oder es wurde
der Nachlaß zwischen Stadt, Kirche und Fiskus geteilt.
Doch hat man diesen Anfall schwerlich als ein Erbrecht, sondern lediglich als Heim-
fall herrenlosen Guts aufgefaßt: die Auffassung, daß Fiskus, Gemeinde usw. wirkliche gesetz-
liche Erben seien, ist erst seit der Rezeption zur Geltung gekommen und war auch dann
noch sehr umstritten.7
Das gesetzliche Erbrecht der Pflegeanstalten ist römischen Ursprungs."
IV. 1. Die Regeln des bürgerlichen Gesetzbuchs über die Erbeseinsetzung
entsprechen im ganzen dem bisherigen preußischen Recht.
Erwähnenswert ist nur eine einzige Abweichung: nach preußischem Recht wurde die
Einsetzung eines Nacherben durch den Ablauf irgendeiner Frist nicht unwirksam, war aber
dafür insofern beschränkt, als dem ersten Nacherben noch ein zweiter, dem zweiten aber
kein dritter Nacherbe bestellt werden durfte. 1
2. Dagegen entfernt sich das bürgerliche Gesetzbuch von dem bisherigen
gemeinen Recht erheblich. Hervorgehoben sei, daß letzteres eine Erbeseinsetzung,
die nur einen Anteil der Erbschaft betraf, den Rest dagegen den gesetzlichen Erben
als solchen überließ, nicht kannte, ferner, daß es eine Erbeseinsetzung unter einer
auflösenden Bedingung oder einer aufschiebenden oder auflösenden Befristung
nicht gestattete und im Fall einer aufschiebend bedingten Einsetzung die Erb-
schaft nicht einem Vorerben gab, sondern sie dem bedingt eingesetzten Erben
offen hielt, endlich, daß es eine Erbeseinsetzung unter einer unsittlichen oder
unmöglichen Bedingung als gültig ansah, indem es die Bedingung als nicht
geschrieben behandelte.?0
3. Vom bisherigen sächsischen Recht weicht das bürgerliche Gesetzbuch namentlich da-
durch ab, daß jenes unter eingesetzten Erben, deren Erbschaftsteile vom Erblasser bestimmt
waren, ein Anwachsungsrecht nicht anerkannte. 1
Zusatz: Kollisionsnormen und übergangsvorschriften siehe hinter § 391.
26) Stobbe § 297 I.
27) Dernb. 3 § 138. 28) Siehe Stobbe 5 § 297 II.
29) Pr. LR. I, 12 88 55, 57.
30) Dernb. 3 §8 57, 82, 83. 31) Sächs. GB. 2272.
Cosac, Bürgerl. Recht. 5. Aufl. II. 50