786 Buch VIII. Abschnitt 3. Der Erwerb der Erbschaft.
II. Annahme und Ausschlagung kann auch durch einen Bevollmäch-
tigten oder durch den gesetzlichen Vertreter des Erben erklärt werden. Doch
bedarf, wenn der Erbe unter Vormundschaft steht, der Vormund zur Aus-
schlagung einer Erbschaft namens seines Mündels der Genehmigung des Vor-
mundschaftsgerichts; das gleiche gilt, wenn das Kind unter väterlicher oder
mütterlicher Gewalt steht, es sei denn, daß die Erbschaft dem Kinde erst infolge
der Ausschlagung seitens des Vaters oder der Mutter angefallen ist (1822
Nr. 2, 1643 I).
Beispiel: wenn eine Erbschaft an den Sohn des Erblassers und, falls dieser ausschlägt,
an die minderjährigen Kinder dieses Sohns fällt, so kann der Sohn die Erbschaft in eignem
wie in seiner Kinder Namen ausschlagen. — Eine Ausnahme gilt, wenn die Kinder ohne
die Ausschlagung des Vaters oder der Mutter als Miterben berufen sein würden: hier
bleibt zur Ausschlagung der Kindererbschaft einschließlich des den Kindern erst durch die
Ausschlagung der Eltern anfallenden Anteils die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts
erforderlich (1643 II); Beispiel: A. hat nur über die Hälfte seines Nachlasses testiert und
seine Enkel als dessen Erben eingesetzt, während die andre Hälfte seinem Sohn B., dem
Vater der Enkel, als gesetzlichem Erben verbleibt; hier kann B. ohne Genehmigung des
Gerichts die Erbschaft nur in eignem Namen ausschlagen.
Daß zur Annahme oder Ausschlagung einer Erbschaft, die einer Ehefrau anfällt, die
Ehefrau für sich allein und nur sie zuständig ist, wurde bereits im ehelichen Güterrecht
erwähnt (1406, 1453).
Ist der Erbe nach dem Anfall der Erbschaft in Konkurs verfallen, so ist zur Annahme
und Ausschlagung der Erbschaft nur der Konkursverwalter befugt (Konk Ordn. 9).
III. 1. Die Annahme sowohl wie die Ausschlagung der Erbschaft kann
auf einen bestimmten Berufungsgrund beschränkt werden.: Geschieht dies,
so ist der Erbe, wenn er die Berufung aus dem einen Grunde ausgeschlagen
hat, nicht behindert, die Berufung aus dem andern Grunde anzunehmen (1918)
ebenso ist er, wenn er die Berufung aus dem einen Grunde angenommen hat
und dieser Grund sich später als hinfällig erweist, berechtigt, die Berufung
aus dem andern Grunde abzulehnen (1949 1). Und zwar gelten als ver-
schiedene „Berufungsgründe“ im Sinn dieser Regel: die Berufung kraft Ge-
setzes, die Berufung durch jedes einzelne Testament, die Berufung durch jeden
einzelnen Erbvertrag (s. 1948). Dagegen liegt, wenn ein Erbe mit dem Erb-
lasser in mehreren Verwandtschaftsordnungen verwandt oder wenn er zugleich
als Verwandter und als Ehegatte des Erblassers erbberechtigt ist , nur ein
einziger Berufungsgrund vor.
Beispiele. I. A. hat seinen jüngsten Sohn B. testamentarisch zum Alleinerben eln-
gesetzt und die ältern Kinder mit Vermächtnissen abgefunden. Hier kann B. das Testaments-
erbrecht zurückweisen und sein gesetzliches Erbrecht annehmen. II. C. hat in einem 18
errichteten Testament seine Hausgenossin D. und seinen ehelichen Sohn E. zu Erben ein-
gesetzt; E. weist „jede Zuwendung aus diesem Testament“ zurück; später findet sich, dab
in einem zweiten, 1902 errichteten Testament die frühere Erbeseinsetzung widerrufen und
den E. zum Alleinerben ernannt hat. Hier kann E. diese zweite Berufung annehmen.
2) Silverberg, Berufung, Berufungsgrund usw. (Bonner Diss. C2). Z„
3) Landsberg 1057; Planck-Strohal Anm. 3 zu § 1951. Abw. Binder 1 S. 113;
Kipp S. 136.